„FAR“ von Wayne McGregor

„FAR“ von Wayne McGregor

Elektrisiert und elektrisierend

Random Dance mit Wayne McGregors „FAR“ beim Kampnagel-Sommerfestival

Die Atmosphäre flirrig-geladen, die Bewegungssprache hochgradig dynamisiert und die Lichttechnik ausgeklügelt: Random Dance überzeugt tanznetz.de-Korrespondentin Annette Bopp.

Hamburg, 18/08/2013

Nach der Eröffnung mit „Tragédie“ von Olivier Dubois (siehe tanznetz) bot das Kampnagel-Sommerfestival jetzt einen zweiten (und leider letzten) Tanz-Höhepunkt: Wayne McGregor und Random Dance mit „FAR“. Zehn exzellent trainierte Tänzerinnen und Tänzer drehen hier 60 Minuten lang ein spannungsgeladenes Kaleidoskop dynamischer Bewegungsbilder.

Es beginnt mit einem Pas de Deux zwischen einer blonden Tänzerin und einem sehr männlichen Tänzer zu dem klassischen Liedgesang einer wunderschönen Altstimme mit Klavierbegleitung. Der Bühnenraum ist nur diffus beleuchtet – vier Fackelträger beleuchten von den Ecken die Szenerie – da gibt es ebenso elegisch-zarte Momente wie aggressiv-dynamische Begegnungen, bis eine Fackel nach der anderen verlischt. Den Hintergrund der links und rechts schwarz abgehängten Bühne ohne jegliches weitere Beiwerk bildet ein längliches weißes Rechteck vor schwarzem Vorhang. Das Licht der Fackeln lässt die darauf befestigten kurzen Stäbe schemenhaft Schatten werfen, bis eine nach der anderen verlöscht, und auch der Pas de Deux sich in die Schatten verliert. Ein poetisch-sinnlicher Auftakt, der dann jäh umschlägt in kraftvolle elektronische Musik (von Ben Frost) und eine hochgradig dynamisierte Bewegungssprache.

In der zweiten Szene zeigt sich, was dieses weißgrundige Feld tatsächlich ist: ein Lichtobjekt! Die Stäbe entpuppen sich als LED-Leuchtmittel. Grandios, wie Lucy Carter, die für das Lichtkonzept verantwortlich zeichnet, diese „Lichtmaschine“ einsetzt, bzw. wie rAndom International damit ein „Bühnenbild“ inszeniert, das sowohl Bühnennebel einsetzt wie auch Lichtpyramiden und Farblichtduschen in Orange, Hellblau und Violett. Auf diese Weise entfaltet sich ein den Tanz kongenial unterstreichender, sich immer wieder ändernder Hintergrund für die rasante dreidimensional erscheinende Choreografie McGregors, die die Tänzer mal einzeln, mal zu zweit, zu mehreren oder auch zu zehnt auf dem Ballettteppich barfuß entwickeln. Sie schlenkern und schlackern mit allen Gliedmaßen, verrenken die Körper zu absurden Positionen, sie rennen und schlendern, zucken und zittern. Alle sind ständig in Bewegung, stehen ständig unter Strom, elektrisiert und elektrisierend. „Vorsicht – Hochspannung!“ möchte man da oft warnen, so flirrig-geladen ist die Atmosphäre, verstärkt durch die Musik. Sie produziert Laute und Klänge, die an sirrende Hochspannungsleitungen erinnern oder an durch Überladung unkontrolliert zuckende Stromschnüre.

Die Kostüme (von Moritz Junge) sind durchgehend sehr schlicht, aber auch sehr raffiniert: dünne, zarte Shirts und knappe Slips oder Bodysuits in Grau, Schwarz, Dunkelblau, hin und wieder transparente Leggings. Wayne McGregors „FAR“ ist eine technisch anspruchsvolle, hochkarätige Produktion, die schon seit 2010 erfolgreich in aller Welt gezeigt wird – und jetzt erfreulicherweise den Weg nach Hamburg gefunden hat.
 

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