„The Sun is Burning“ von Yolanda Morales

Blendende Düsternis

Yolanda Morales mit „The Sun is Burning“ in der Kampnagelfabrik Hamburg

Eine finstere Huldigung an die Legende von der „fünften Sonne“ mit apokalyptischen Anmutungen

Hamburg, 20/10/2025

Am Anfang ist es Nacht in der K1 der Hamburger Kampnagelfabrik. Der schwarze Bühnenboden ist durchbrochen von vier schmalen, von unten zartorange erleuchteten Gitter-Streifen, aus denen stellenweise Nebel strömt (Bühne: Hanna Lenz). Ein tiefes Brummen füllt den Raum und vibriert bis in den Bauch hinein (Sound: Christopher Ramm). Von oben erleuchtet diffuses blaues Licht aus vielen kleinen Scheinwerfern die Szenerie. Langsam schält sich im Hintergrund eine Silhouette aus dem Dunkel. Unsicher tastet sie sich vorwärts, mechanisch-zombiehaft bewegt sie Körper und Gliedmaßen. Zu dem Brummen gesellt sich ein Rauschen, und nach und nach tauchen vier weitere Figuren auf, in unförmig gebauschte, rostbraune Kostüme gehüllt (Design: Caroline Elisa Packenius). 

Wie Aliens bewegen sich die zwei Frauen und drei Männer roboterhaft über die Bühne. Ein hoch über die Bühne gespannter Lichtbogen glimmt auf und wird langsam gleißend hell. Vereinzelt finden sich die Figuren zu ersten Interaktionen zusammen, erstarren immer wieder in grotesken Verrenkungen. Aus dem Off ertönt eine Stimme auf Englisch. Der Text bleibt unverständlich. 

Der Lichtbogen erlischt. Die Figuren sacken zusammen. Nur langsam regen sie sich wieder, verbeißen sich in den anderen, begleitet von einer immer bedrohlicher werdenden Klangcollage, die sich, als der fortwährende Kannibalismus kaum noch erträglich ist, plötzlich rhythmisiert. Und jetzt finden sich die Figuren zu gemeinsamem Agieren zusammen, erstmals erhellt ein Lächeln ihre Gesichter, stampfend wie bei Stammestänzen bewegen sie sich synchron über die Bühne. 

Mit der Zeit steigert sich das Licht zu einer blendenden, schier unerträglichen Helligkeit. Nebel steigt in großen Schwaden auf (oder ist es Rauch?), während sich die Figuren ihrer voluminösen Gewänder entledigen bis auf den Slip und gemeinsam zu Boden sinken. Licht aus. 

Untergang oder Neubeginn? 

Man weiß nicht so recht, was Yolanda Morales, die in Hamburg lebende Tänzerin und Choreografin mit mexikanischen Wurzeln, mit dieser Anspielung auf die Legende von den fünf Sonnen, die in Mexico von den Indigenen überliefert ist, sagen will. Ist es ein Untergang oder ein Neubeginn? Oder beides zugleich? 

Vier der fünf von den Göttern erschaffenen Sonnen sind der Sage nach bereits wieder zerstört, jetzt leben wir in der fünften, an deren Ende aber neue Monster kommen werden. Diese „kommen aus dem Westen, sie sind tote Wesen und sie werden unsere Körper mit ihrem Gift überschwemmen“, heißt es im Programmzettel. Hunger und Zerstörung machen sich breit. „Darum lasst uns jetzt tanzen. Tanzen, um die Sonne zu feiern und um wiedergeboren zu werden, bevor sie erlischt.“ 

Diese Tänze sind in ihren Bewegungsmustern allerdings doch recht redundant und ermüdend – nichts zündet da so wirklich, auch wenn die fünf Tänzer*innen (Kyte Brüggmann, Emir Garcia Pineda, Nathalia Gomez, Nicolás Vignolo Riquelme, Rodolpho Sagbo) erkennbar virtuos agieren. Und so lässt einen diese Kreation doch etwas ratlos zurück – die durch das Licht nur vage überblendete Düsternis überwiegt hier bei Weitem.

 

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