„The Falling Stardust“ von Amala Dianor
„The Falling Stardust“ von Amala Dianor

Ausweglose Tänzerknäuel

Die Compagnie Amala Dianor spielt zur Eröffnung von Tanztheater International in Hannover mit Formen von Klassik und Hip-Hop.

Die TänzerInnen des Choreografen Amala Dianor haben alle eine unterschiedliche künstlerische und kulturelle Herkunft. In „The Falling Stardust“ machen sie sich auf die ausweglose Suche nach Verständigung.

Hannover, 01/09/2019

So sieht das dann wohl aus, wenn sich ein Choreograf in die Körpersprache seiner Tänzer verliebt, aber eigentlich nicht genau weiß, was er erzählen will. Die Auftaktproduktion des Festivals „Tanztheater international“ in Hannovers Orangerie verspricht im Titel „The Falling Stardust“, aber statt Gefühlen bekommen wir wirklich nur den Sternenstaub: Die TänzerInnen verschiedener Genres, vor allem spürbar im klassischen Ballett versiert, aber auch mit Hip-Hop-Kenntnissen, begegnen sich, schwarz gekleidet, wie auf einer Probe, gehen durcheinander, beäugen sich, starten eigene Bewegungen, wie zum Spaß, denen sich dann zwei oder drei zugesellen, andere weichen aus, zeigen ihre Bewegungen und ziehen wieder andere mit sich.

Drehungen, Sprünge, Hebungen, Synchronität erinnern besonders ans klassische Repertoire; Zeitlupe, Ruckungen, Kopfstand und Hüpfen an Moderne und Streetdance. Das Material wird schön gezeigt, aber leider entsteht über 60 Minuten nicht viel daraus. Es ist eben kein rassiger Battle, bei dem Pirouetten und Headspins die Degen kreuzen, und man spürt auch keine sozialen oder wenigstens persönlichen Hintergründe, wenn eine Tänzerin sich solistisch mit Spitzenpirouetten und Entrechats präsentiert. Entsteht Eifersucht, Neid, Enttäuschung? Fleht der Tänzer inmitten des Gruppenknäuels mit seinen Augen nach Erlösung – durch die freispringende Solistin? Nein, es geht wieder mit anderen Figuren weiter. Alles bleibt irgendwie im Fluss, wiederholt sich dann aber auch höhepunkt- und konfliktlos.

Vielleicht war der senegalesisch-französische Choreograf Amala Dianor, der als Kind Michael Jackson am Fernseher imitierte und zum Hip-Hop-Star avancierte, selbst zu beeindruckt von den Möglichkeiten seiner TänzerInnen. Mehrfach bilden sie ein Knäuel, mal mit zuckend vorgereckten Brüsten, mal mit verschwurbelten Armhaltungen, als hätte man sich in die Sackgasse manövriert, dann gibt es wieder einen Neustart. Einmal steigt eine Tänzerin einfach aus aus dem Knäuel und schreitet davon, als hätte sie genug davon, sich immer zu fügen und in sinnlose Konstellationen gestellt zu werden. Das wäre ein Statement gewesen. Leider kehrt sie zurück und stiftet zu neuen Gruppen an.

Das Stück bleibt zu materialhaft, führt zu sehr die eigene Arbeit vor. Längst haben wir gerade auch beim Festival in Hannover Hip-Hop als emotionales Ausdrucksmittel kennengelernt, etwa bei der Uraufführung des Stücks „Wild Cat“ von Black Sheep im vergangenen Jahr, kennen die Emotion vom Ballett, dahinter bleibt Dianors formale Selbstbespiegelung zurück.

Das Festival bietet noch bis 7. September verschiedenste Gruppen und Stile. 

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