Unglücklicker Abschluss

"Opening night" von Les SlovaKs beim TANZtheater international Hannover

Hannover, 14/09/2009

Nach etwa 40 Minuten fast ununterbrochener Bewegungssalven liegen die fünf Tänzer von „Les SlovaKs“ ausgepumpt und durchschwitzt auf dem Boden, verteilt über die Bühnenfläche – das scheint das Ende von „Opening Night“ zum Abschluss vom einwöchigen Tanztheater International 2009 in Hannover zu sein. Großer Beifall – bis einer der Tänzer mit einem Fingerzeig signalisiert: Es geht noch weiter im Theater der Hochschule für Musik und Theater. Es folgt ein ausgedehntes Violinsolo von Simon Thierrée, dem sechsten im Bunde, Komponist der Begleitmusik. Er brilliert mit virtuoser Griffhand und behänder Bogenhand: Der Tanz auf den Saiten. Riesenbeifall. Dem schließt sich ein ausgedehntes Solo an, bei dem der Tänzer die Bühne von hinten nach vorn erobert, während die übrigen zuschauen. Auch das ist nicht das Ende, vielmehr absolvieren sie erneut Gruppen- und Solosequenzen, bis sie final wieder in der engen Reihe wie am Anfang stehen: Fünfe, die mit ihrem gemeinsam geschaffenen Stück dem Kind im Manne freien Raum geben: toben, miteinander raufen, rangeln, spielerisch kämpfen, Machoposen zelebrieren, mit folkloristischen Tiefschritten, auch in gekippter Version, den Beifall hervorkitzeln (auch das können wir!).

Für die auf der Bühne ist das sicherlich kurzweiliger als für aufmerksame Betrachter, denn der wilde Mix aus Folklore, Improvisationen und kompakten Gruppenszenen fügt sich nicht zu einem strukturierten Ganzen, geschweige denn zum thematischen Bezug auf den Titel „Opening night“. Eins reiht sich beliebig, austauschbar ans andere zu meist ziemlich amorpher Musik, teils live, teils aus der Konserve oder live-elektronisch, beeinflusst von der Minimalmusik Philipp Glass’ und John Adams’. Von einer durchgearbeiteten Choreografie kann bei dem 2007 uraufgeführten Stück des Quintetts, aus der Slowakei stammend, in Belgien lebend, nicht die Rede sein. Nach ungefähr einer Viertelstunde geht den Slovaks die Inspirationspuste aus. Die „feine Ode an ihre Wurzeln und Erinnerungen“, wie es im Begleitblatt heißt, versandet in transpirierender Selbstbefriedigung.

Und das ist ausgesprochen schade, denn aus der Verschiedenheit von Milan Herich, Peter Jasko, Martin Kilvady, Anton Lachky, Milan Tomasik, allesamt gute bis sehr gute Tänzer, ließen sich gut choreografische Funken erzeugen, wäre da nur die ordnende Hand, die dem unbändigen Tatendrang eine Richtung gäbe. Einer, hochgewachsen, athletisch, spielt den Kraftbolzen, schraubt sich in die Höhe, huscht geduckt rasant über die Diagonale. Der Zweite, klein, gemahnt im Typ an den jungen Dustin Hoffman, gibt sich quirlig, explodiert aus dem Stand in dynamischen Vorwärtsdrang. Der Dritte, schlank, mit asketischen Gesicht, könnte den Jesus in „Jesus Christ Superstar“ darstellen, besticht mit langgliedriger Geschmeidigkeit, dehnt sich in einer faszinierenden Szene von hinten über die Bühne nach vorn, mit dem Körper parallel zum Boden, ein konsequent zu Ende gedachter Ablauf: die Ausnahme. Der Vierte, ähnlich muskulös wie der erste, aber untersetzt, präsentiert gern seine Spezialität: einen Hechtsprung mit anschließendem Rutschen auf dem Bauch. Blass bleibt der Fünfte, trotz farbigem Hemd. Trotz dieses unglücklichen Abschlusses vermeldet das Festival TANZtheater International 2009 eine Auslastung von „gut 90 Prozent bei einer Besucherzahl von rund 3300“ – ein schöner Erfolg, der zur Weiterarbeit 2010 ermutigt.

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