Balanchine-Juwelen, hochkarätig

Die „Jewels“ im Palais Garnier

Paris, 13/11/2005

Zu den Dingen, die man einfach immer wieder sehen kann, gehören Balanchine an der Pariser Oper und das Défilé des Corps de Ballet. Und wenn sich diese beiden Elemente anlässlich einer Gala im Palais Garnier begegnen, wie im Falle der dieses Jahr leicht verspäteten Eröffnungsgala der Pariser Oper, verspricht dies, ein gelungener Abend zu werden, den man nicht verpassen sollte.

Wie jedes Jahr bot das Défilé auch dieses Mal die Gelegenheit, die Veränderungen in den Reihen der Kompanie nachzuvollziehen. So wurde beispielsweise Benjamin Pech, der jüngst in China mit dem höchsten Titel belohnt wurde, ein triumphaler Empfang in der Reihe der Etoiles bereitet, und auch Wilfried Romoli defilierte nach seiner Nominierung im Februar erstmals als Etoile.

Über das diesjährige Bonusballett, „Véronique Doisneau“ von Jérome Bel, wurde bereits letztes Jahr berichtet - das melancholische Stück über das Leben einer Tänzerin des Corps de Ballet, die an diesem Abend ihre letzte Vorstellung auf der Bühne des Palais Garnier gab, ist zwar von einigem Interesse für Kenner der Tanzwelt, war aber im Kontext dieser festlichen Gala, mit einem weniger kundigen und nicht unbedingt frankophonen Publikum, nicht besonders gut untergebracht. Nach diesem Auftakt tauchte die Kompanie voll in Balanchines Universum ein. Selten sah man „Emeralds“, die ganz in grün gehaltene französische Partie zu Musik von Gabriel Fauré, so brillant getanzt wie an diesem Abend.

Die Besetzung wurde angeführt von Laetitia Pujol und dem exzellenten Mathieu Ganio, der nach einer mehrmonatigen Verletzung voller Leichtigkeit und Eleganz auf die Bühne des Palais Garnier zurückkehrte. Kader Belarbi überzeugte an der Seite von Clairemarie Osta durch seine würdevolle Expressivität, und der Pas de Trois von Eleonora Abbagnato, Emmanuel Thibault und Nolwenn Daniel begeisterte vor allem durch die wie immer atemberaubenden Sprünge Thibaults. So sah man an diesem Abend gerne über die Längen dieser Partie hinweg, während derer man beispielsweise Christian Lacroix‘ sehr gelungene Kostüme bewundern konnte.

Schneller und animierter wurde es während des zweiten Teils, „Rubies“, in dem die überwiegend weiblichen Tänzer in kurzen knallroten Röckchen zur Musik von Strawinskys Capriccio entweder blitzschnell über die Bühne wirbelten oder zierliche amerikanische Revue-Posen einnahmen. Auch hier sorgte eine außergewöhnliche Besetzung für allgemeine Begeisterung: Aurélie Dupont und Alessio Carbone als Hauptpaar funkelten und strahlten voller Humor und Lebensfreude und zeigten nebenbei auch noch ihre perfekte Technik. Und Marie-Agnès Gillot konnte man nur staunend zusehen, wie sie ihre endlos langen Beine in die Luft warf, oder mit spektakulären Grand Jetés die Bühne überquerte, all dies mit ihrer üblichen Souveränität und einem Hauch von Selbstironie.

Der letzte Teil, „Diamonds“, der die russische Tanztradition feiert, ist ein Stück von seltener Perfektion: Bühnenbild, Kostüme und vor allem Tschaikowskys wunderbare 3. Sinfonie fügen sich zu einem strahlenden Ganzen, das dem Titel des Balletts alle Ehre macht. Und auch in diesem Stück war die Besetzung nahezu vollkommen: Agnès Letestu mit ihrer unangreifbaren Souveränität ist voll und ganz in ihrem Element. Hervé Moreau, der die schwere Aufgabe hatte, den in dieser Rolle einfach atemberaubenden José Martinez zu ersetzen, überzeugte durch eine Darbietung von sehr hohem Niveau. Wenn er auch noch nicht Martinez‘ Sicherheit aufweist, bewies Moreau doch abermals sein außergewöhnliches Talent, das bereits in seinem Romeo im Juli positiv zur Geltung kam. Auch das Corps de Ballet zeigte sich in der abschließenden Polonaise in Hochform und weckte bereits die Vorfreude auf die Wiederaufnahme von „Schwanensee“ im Dezember.


Besuchte Vorstellung: 28.10.2005
Link: 
Opéra de Paris

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