Martin Schläpfer - ballettmainz

Fotoband über Schläpfer und seine Kompanie in Mainz

Mainz, 28/12/2006

Von Nathalie Kurth

 

Der Mainzer Choreograf Martin Schläpfer gehört zu den Ausnahmeerscheinungen im zeitgenössischen Tanz. Seit 1999 ist er Ballettdirektor am Staatstheater Mainz. 25 Uraufführungen hat er seitdem geschaffen, es gibt unzählige Kritiken, mehrere Fernsehporträts und auch ein Hörfunkfeature zu seiner Person und seiner Arbeit. Was fehlte, war ein Buch über Martin Schläpfer und seine Kompanie. Jetzt hat die Musikdramaturgin des Mainzer Staatstheaters, Anne do Paço, einen Fotoband über Martin Schläpfer herausgegeben, der Förderverein hat die Produktion unterstützt. „Eine Bewegung zum Beispiel oder ein starker Ausdruck, das ist mir wichtiger als eine perfekte Choreografiebewegung. Für mich ist ein Foto mit einer schnellen Bewegung, wo man nicht unbedingt das Gesicht erkennt, das aber einfach eine irre Dynamik hat spannender als ein Foto, das gestochen scharf ist.“ So die Film- und Theaterfotografin Bettina Müller. Sie arbeitete unter anderem für die Choreografen Heinz Spoerli, Hans van Manen und Nils Christe. Seit einigen Jahren verfolgt sie die Entwicklung von Martin Schläpfer und seiner Kompanie mit der Digitalkamera. Für den 150 Seiten starken Fotoband wurden mehr als 100 Farb- und Schwarzweiß-Fotografien unterschiedlicher Formate ausgewählt. Sie zeigen das ballettmainz in frühen Choreografien wie „Vespers“ aus dem Jahre 2001 von Martin Schläpfer, in Arbeiten des Holländers Hans van Manen, von Nils Christe oder Kurt Jooss. Die Ballettfotografie erfordert eine besondere Liebe zu der Sache, meint Bettina Müller, die den Kontakt zu den Tänzern über Jahre aufgebaut hat: „Ich habe den Vorteil, dass die Tänzer mich kennen und da gibt es gegenseitiges Vertrauen. Wenn sie mich im Zuschauerraum sehen, dann ist das völlig in Ordnung. Und das erlaubt mir, mich völlig frei zu bewegen, auch was die Entfernung betrifft.“ Marlucia do Amaral ist im Mittelpunkt einer Aufnahme, die während der Proben zu „Ramification“ im Jahr 2005 entstanden sind. „Die Tänzerin liegt in einer sehr großen Anspannung auf dem Boden und hat einen sehr zweideutigen Ausdruck, der mich besonders inspiriert. Sie hat geschlossene Augen. Das hat für mich einen sehr erotischen Ausdruck und auf der anderen Seite auch einen sehr traurigen.“ Zu einigen Aufnahmen gibt es kurze Statements, Kommentare, Erinnerungen von Weggefährten, die zwischen den Zeilen viel über die Persönlichkeit des Choreografen Martin Schläpfer verraten. Die Kombination von Foto und Statement ist eine gelungene Annäherung an Martin Schläpfer. Die Reihenfolge ist leider nicht nachvollziehbar. Statt die Ballettabende entsprechend ihrer Entstehung nacheinander abzubilden oder zu erläutern, gehen die faszinierenden Fotografien quer durcheinander. Es ist kein System erkennbar. Außerdem sind weder Titel der Choreografien wie „Tanzsuite“, „Purcell Pieces“ oder „Monologue Dialogue“ noch die Fotografien mit Jahreszahlen versehen. So fällt eine Orientierung schwer. Da tröstet es auch nicht, dass ganz am Ende des Bandes eine komplette Aufstellung aller Ballettabende folgt. Wer will schon ständig hin und her blättern.

Übersichtlicher sind die sehr informativen Essays angeordnet. Nach einem Prolog der Herausgeberin Anne do Paço kommen unter anderem die Tanzjournalisten Jochen Schmidt und Wiebke Hüster zu Wort. Jochen Schmidt sieht im choreografischen Repertoire der Mainzer Kompanie eines der weltweit bedeutendsten überhaupt, Wiebke Hüster schöpft aus dem üppigen Fundus ihrer Kritiken und hebt insbesondere die Hartnäckigkeit Martin Schläpfers heraus, seinen eigenen Weg zu gehen.

Martin Schläpfer hält sich vornehm zurück. Es gibt keinen eigenen Text von ihm, kein Interview, aber ein Schwarzweiß-Foto: Martin Schläpfer im dreiviertel Porträt, die Hände über dem Kopf, einer offener Blick nach vorne, nachdenklich. Was noch kommen wird, weiß niemand. Was schon war in der Ära Schläpfer, das lässt sich inklusive seiner Biografie in dem insgesamt gelungenen Werk „Martin Schläpfer – ballettmainz“ wunderbar nachschlagen. Ein „Must have“ für Tanzfans.

 

Der Fotoband „Martin Schläpfer – ballettmainz“ ist erschienen im Daco Verlag Stuttgart und kostet 29,95 Euro.

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