Ritterschlag
Tanzikone Mathilde Monnier zur Offizierin der französischen Ehrenlegion ernannt.
Was lösen Anfragen des Staatsballetts und des Festivals „Johann Strauss 2025 Wien“ bei Choreograf*innen aus? Antworten auf diese heikle Frage, wenn man blauäugig davon ausgeht, dass zunächst einmal so etwas wie Erwartung entsteht, sind vielfältig. Am samstäglichen Nachmittag antworteten die drei eingeladenen Choreograf*innen Alessandra Corti, Louis Stiens und Martin Chaix im letzten „Tanzpodium“-Gespräch mit Martin Schläpfer in der Staatsoper äußerst differenziert auf ihre Einstellung zu freiem Arbeiten und dem Reagieren auf Anfragen innerhalb limitierter Möglichkeiten an Häusern. Sie teilen den letzten Premieren-Abend der Ära Schläpfer im Juni in der Volksoper und beschrieben wortreich und in großer Offenheit ihre Herangehensweisen.
Corti scheint dabei einem zeitgenössischen, prozessorientierten, unhierarchischen Verfahren verpflichtet. Sie nutzt neben Improvisation auch tasks und setzt auf diskussionsfreudige, sich fragil zeigende Tänzer*innen der Volksoper mit denen sie derzeit am Thema Identität arbeitet. Louis Stiens, der sein Stück „High“ entwirft, war bisher in Österreich am Grazer Opernhaus tätig, davor aber auch als ausdrucksstarker Solist im künstlerischen Austausch mit seinem Vater an der Gitarre im kärntnerischen Millstatt bei Andrea K. Schlehwein zu erleben. Er bekennt sich generell zu seinem Aufbruch in eine choreografische Suche, die je nach Umstand auch eine Periode in einer einsamen Kammer vertragen könnte. Martin Chaix wiederum, der, wie Schläpfers Dramaturgin Anne do Paço betonte, „ein richtiges Ballett“ mit Spitzenschuhen für 46 Tänzer*innen mache, widmet sein Stück „From M to M“ seinem ehemaligen Chef Schläpfer.
Das Thema Zeit spielt eine gewichtige Rolle. Den Vogel dabei schoss Martin Schläpfer ab. Sinngemäß: Als Direktor, der er eigentlich immer war, die „Fremd-Arbeiten“ waren wenige, sucht er seinen Gästen den bestmöglichen Proben-Rahmen zu geben. Er selbst begnügt sich dann mit den restlichen Zeit-Abschnitten. Seine Weise, in kurzen Sequenzen zu choreografieren, sei darauf zurückzuführen.
Das "Monument" Strauss
Die zeitliche Dauer eines Abends sagt meistens noch nichts über die künstlerische Qualität aus. Im Fall der ersten von drei Uraufführungen, die das Festival Impulstanz in Kooperation mit dem Festival „Johann Strauss 2025 Wien“ organisiert, blickte nicht nur die Autorin bei Minute 47 auf die Uhr. Da schien bereits Alles gezeigt, was die überaus geschätzte Choreografin Mathilde Monnier in Kooperation mit den starken Persönlichkeiten des Berliner Dance on Ensembles unter dem Titel „Musique – In the Spirit of Johann Strauss. The Missing Step“ erarbeitet hatte.
Auf der von einigen goldenen Stühlen eingefassten schwarzen Bühne scheint es eine knappe Stunde lang um eine baustein-ähnlich gereihte Auseinandersetzung mit dem „Monument“ Strauss zu gehen, wie Monnier den Jahresregenten in einem Gespräch bezeichnete. Die in schwarz auftretenden sechs Tänzer*innen bewegen die glänzenden, durchscheinenden langen Kleider, übergestreift werden sie erst gegen Ende; in einem musiklosen, spannungsvolleren Abschnitt verschieben sie sich mit gebogenen Armen von links nach rechts, anschließend steckt man seinen Körper mittels gespannter Finger ab und rückt nachfolgend mit dem an den Körper gelegten Kleid an die Rampe.
Die Abschnitte wirken wie aus großer Distanz konstruiert, möglicherweise auch mit der strikten Absicht, keinesfalls in Walzer-Kitsch zu verfallen. Der typische Walzerschritt im Rund wird ausgespart, ein Drehmoment erst in der Schluss-Sequenz angedeutet und eine Paar-Haltung am Boden liegend eingenommen. Für die Leichtigkeit dieser Stunde, die sich szenisch als Verweigerung lesen lässt, sorgt Judit Varga am Klavier. Sie setzt leichtfingrig und lyrisch aufgedehnte Strauss-Akzente und schreibt manche Perle fort, während das von ihr programmierte Disklavier den Strauss-Kosmos wie ein übervolles Gehirn ausspuckt.
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