“The Last Feminist” von Myassa Kraitt 

White Supremacy und Intersektionalismus

“The Last Feminist” von Myassa Kraitt mit queer-feminstischem Chor bei der Choreographic Platform Austria

Ein langes, vielstimmiges Lied in vier Episoden geprägt von dekolonialen und queeren Perspektiven. Eine Performance zwischen Konzert und Zeremonie, feministischem Battle Rap, experimentellem Pop und Ritual.

Salzburg, 27/11/2025

Von Isabella Resch und Laura Lechner

Wie politisch darf und soll Theater sein? „The Last Feminist“ der Wiener Performerin und Rapperin Myassa Kraitt konfrontiert das Publikum genau mit dieser Frage. Schon vor Beginn der Performance in der Szene Salzburg entstehen Gespräche, die zeigen, wie präsent feministisches Denken im Theaterkontext ist.  

Kritisch nachgehakt, hört man, dass feministische Perspektiven „überall wichtig sind“ und die Bühne immer noch ein zentraler Ort ist, um gesellschaftliche Themen zu kommunizieren und „eine Message zu senden“. Eine Besucherin erklärt, dass das Feld „immer noch männlich dominiert“ sei und gerade deshalb man sich auf der Bühne „die Power zurückholen“ müsse. 

Intersektionaler Feminismus

Das zwischen Konzert und Choreografie changierende Stück in vier Teilen steht für die vier feministischen Wellen. Hier wird europäische, postkoloniale Geschichte hinterfragt, wenn die Performenden singen “Where to begin history? How to tell feminism in only four waves?”. Als eine der ersten Feministinnen gilt Dandara dos Palmares an diesem Abend, die bereits im 17. Jahrhundert in Brasilien aktiv gegen die Sklaverei kämpfte, denn die Geschichte des Feminismus an sich ist europazentriert. Besonders interessant ist hier der Song über die Suffragetten, die Anfang des 20. Jahrhunderts in London für das Frauenwahlrecht gekämpft haben. Der Chor singt energiegeladen, laut und wütend über den Rassismus der Suffragetten, wie die Bewegung von Sklaverei profitiert hat und sich eigentlich nur an die “white supremacy”, die weiße Vorherrschaft, gerichtet hat.  

Rhythmus, Reim und revolutionäre Liebe 

Ein so komplexes Thema auf der Bühne umzusetzen kann eine echte Herausforderung sein. Wie schafft Myassa Kraitt es künstlerisch, eine Geschichtsstunde abzuhalten und gleichzeitig das Publikum emotional zu erreichen? Sie wählt den musikalischen Weg: oft in Form eines tiefen konstanten Tons kreiert sie eine zeremonielle, spannungsgeladene Atmosphäre. Der Chor unter der Leitung von Gloria Amesbauer sowie alle Performenden präsentieren ein diverses musikalisches Programm: Gesungen werden choral-ähnliche, himmlisch klingende Parts, Battle Rap und kunstvolle Melodien, während ein Sprechtext vorgetragen wird, in Sprachen dabei von Portugiesisch über Englisch und Deutsch bis hin zu Arabisch. 

Nicht wenige Besucher*innen der Choreographic Platform Austria hält die Performance „wie in einer Trance“ noch lange in ihrem Bann.

„The Last Feminist“ hinterlässt nicht nur Bilder und Eindrücke, sondern auch tief gespaltene, Emotionen zwischen Überforderung und Machtlosigkeit, aber ebenso zwischen Neugier und Stärke. Nicht jeder hat den Drang, sofort etwas zu verändern, aber viele wurden angeregt mehr über diese Themen nachzudenken. Vielleicht liegt genau darin die Kraft von politischem Theater heute. Es schafft Platz für Repräsentation, regt zur Reflexion an und eröffnet kollektive Denk- und Diskussionsräume, ohne fertige Antworten zu liefern.  

 

Dieser Text entstand im Rahmen einer Kooperation von tanznetz mit Studierenden der Paris Lodron Universität in Salzburg unter der Leitung von Dr. Miriam Althammer und der Choreographic Platform Austria.

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