„Bach“ von Maria Muñoz

„Bach“ von Maria Muñoz

Die Musik Bachs spielte in ihrem Körper

Maria Muñoz und ihr Pianist Dan Tepfer bei depARTures in München

Kleines, aber feines Tanzfestival im Rahmen von Access to Dance: Diesmal lenkte Walter Heun den Blick auf „Unique Performance and Dance from Catalunya“. Dass es ihm gelang, die Tanzkompanie Mal Pelo zu holen, war ein Glücksfall.

München, 08/04/2019

Am Samstag ging depARTures zu Ende, das kleine, aber feine Tanzfestival, das JOINT ADVENTURES im Rahmen von ACCESS TO DANCE zum zweiten Mal präsentierte. Walter Heun lenkte den Blick in diesem Jahr auf „Unique Performance and Dance from Catalunya“. Dass es ihm gelang, die Tanzkompanie Mal Pelo, die María Muñoz 1989 mit Pep Ramis gegründet hatte, mit dem Tanz-Solo „Bach“ in die Muffathalle zu holen, war ein Glücksfall. Denn das 2004 entstandene Stück, das Maria Muñoz aus anderem Anlass wieder einstudiert hatte, wird, wie man nach der Vorstellung hören musste, von ihr selbst nie mehr getanzt werden. Glücklich also, wer dieses Solo, das als Signaturstück des katalanischen Tanzes im 21. Jahrhundert gilt, zum letzten Mal von dessen Schöpferin selbst getanzt sehen konnte.

Ein weißes Quadrat am Boden ebenso wie an der Rückwand bildete das nüchterne Bühnenbild für die puristische Auslotung der Beziehung von Musik und Tanz. Auf halber Höhe links nahm Dan Tepfer am großen Steinway-Flügel Platz und spielte in moderaten Tempi ausgewählte Präludien oder Fugen, mit denen Maria Muñoz sich Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ annäherte. Nach kurzem Vorspiel trat sie auf, und die Qualität ihrer Bewegungen überzeugte augenblicklich. Denn vom tastenden Aufsetzen der Zehen bis zum expressiven Aufwerfen der Arme, von Verdrehungen des Rumpfes bis zum filigranen Flattern der Hände blieb sie immer ruhig in ihrem Zentrum und zugleich im Boden, verband auch in komplizierten Schrittkombinationen vollendete Beherrschung von Rhythmen und Balancen mit völliger Entspannung, sodass sie ohne jeden Wackler spielerisch leicht tanzte.

Zum „Wesen der Bachschen Musik“ schrieb Albert Schweitzer: „Vor allem geht er darauf aus, das Bildliche in Tonlinien zu zeichnen. Er ist noch mehr Tonmaler als Tondichter.“ Maria Muñoz machte diese Linien sichtbar, fast bewegungslos, wenn sie in ihrem Inneren entstanden, oder den Raum ausfüllend, wenn sie schwungvoll moduliert über ihren Körper hinauswiesen. Zwei weitere Zitate von Albert Schweitzer: „Der Drang, dichterische und bildliche Gedanken auszudrücken, gehört zum Wesen der Musik. Sie wendet sich an die schöpferische Phantasie des Hörers und will in ihr die Gefühlserlebnisse und die Visionen lebendig werden lassen, aus denen sie entstanden ist.“ Und: „Dies vermag sie aber nur, wenn der, der in der Sprache der Töne redet, das geheimnisvolle Können besitzt, sie Gedanken in einer über ihr eigentliches Ausdrucksvermögen hinausgehenden Deutlichkeit und Bestimmtheit wiedergeben zu lassen.“ Mit dem zweiten Zitat könnte man beschreiben, was Dan Tepfer am Piano leistete. Das Zitat davor ist geeignet, eine Vorstellung davon zu geben, wie sich Maria Muñoz diese Musik angeeignet haben könnte, um sie so erfindungsreich, so lebendig und ausdrucksstark tanzen zu können.

Ergebnis: Die Musik Bachs spielte in ihrem Körper. Ohne von diesem Wesentlichen abzulenken, kamen Video- und Lichttechnik dazu, um die Möglichkeiten, wie man Bachs Musik optisch folgen konnte, dezent zu variieren. Die Zuschauer ließen sich davon gewinnen, waren völlig still und konzentrierten sich sogar auf die Pausen, die beide Künstler wohl einsetzten, um sie auch eine nachhallende Erinnerung mancher Musikmomente erfahren zu lassen. „Aus der Art der Bachschen Kunst ergibt sich, dass sie, um zu wirken, in lebendiger und vollendeter Plastik vor dem Hörer entstehen muss.“ Danke für dieses Erlebnis!
 

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