Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?
Die Gala der Preisträger*innen des 27. Internationalen Solo-Tanz-Theater Festivals Stuttgart in der HebelHalle
Wahrnehmung von Zeit und Raum prägt das Erleben – im Theater wie auch sonst. Prue Lang, ehemalige Forsythe-Tänzerin und seit 2005 als freischaffende Künstlerin tätig, geht dieses große Thema in ihren Arbeiten analytisch-experimentell an. Während einer zehntägigen Residenz am Choreografischen Centrum Heidelberg erarbeitete sie mit sechs TänzerInnen des Kölner Michael Douglas Kollektivs – mit dem sie die Vorliebe für interdisziplinäres Arbeiten teilt - einschlägige Versuchsanordnungen. Nebenbei gab es für die Tänzer eine erste Begegnung mit Forsythes legendärer Tanztechnik: intensive und produktive Tage für die Choreografin und die Truppe.
Im öffentlichen „Showing“, Teil des diesjährigen „720 Stunden“-Projekts in der Heidelberger Hebelhalle, demonstrierte Prue Lang auf fünfmal unterschiedliche Weise, was passiert, wenn Zeit und Raum, Klang und Bewegung auseinanderdriften. Die unter dem Arbeitstitel „Zaurak Project“ entstandenen Reibungsflächen hatten bei allem intellektuellen Anspruch durchaus auch Witz. Eingangs unterzog sich die Gruppe einem Ritual im Kreislauf: Krabbeln, mit einem Partner ein kurzes Duo aushecken, an einem Tisch Platz nehmen und Namen von unterschiedlichsten Familienmitgliedern aufsagen, krabbeln... Konnte man als Zuschauer diese verbale Ablenkung gerade noch ausblenden, so brachte das plötzliche Aufsagen von chronischen Erkrankungen und psychischen Störungen einen abstrusen Dissens in das Bühnengeschehen.
Sehr wirkungsvoll im Sinne der Abkehr von vordergründiger Eindeutigkeit geriet auch Prue Langs Konfrontation von einzelnen Tänzern mit der restlichen Fünfergruppe. Ein lautstarkes, irritierendes „Kommado Pimperle“, also ein Trommelfeuer der Finger am Boden, begleitete den Versuch, sich im Körperring der Gruppe solistisch zu präsentieren.
Noch keine Beiträge
basierend auf den Schlüsselwörtern
Please login to post comments