Béatrice Larrivée beim Internationalen Stuttgarter Solo-Tanz-Theater-Festival

Starke Frauen, sensible Männer

Die Preisträger*innen des Internationalen Stuttgarter Solo-Tanz-Theater-Festivals in der Hebelhalle

Die jährliche Station Heidelberger Hebelhalle auf der Tour der Preisträger*innen des Internationalen Stuttgarter Solo-Tanz-Theater Festivals passte in diesem Jahr bestens in das Konzept des gastgebenden UnterwegsTheaters: Hauschoreografin Jai Gonzales war Mitglied der Jury.

Heidelberg, 19/11/2025

Die Regeln für das von Marcello Santos erdachte Erfolgsfestival sind strikt und simpel: Zur Verfügung stehen fünfzehn Minuten Zeit auf einer leeren Bühne. Was die Teilnehmer*innen alle Jahre wieder daraus machen, taugt längst zum sensiblen Zeitgeist-Indikator für die internationale Tanzszene. Die Preisträgerin für Choreografie im Jahr 2019 war zum Beispiel die Französin Leila Ka mit dem Solo „Pode Ser ...“, das ihren kometenhaften Aufstieg in der Tanzszene sicherte. Gerade erst war sie mit ihrem aktuellen Stück „Maldonne“ in der Hebelhalle zu Gast.

In diesem Jahr wurden nur Stücke auf die Reise geschickt, die von den Choreograf*innen selbst tänzerisch interpretiert werden – ein deutlicher Trend zur Authentizität. Allerdings ist es manchmal gar nicht leicht, das choreografische Format und die tänzerische Ausführung voneinander zu trennen. Umgekehrt war die Verbindung von beidem – plus einem anspruchsvollen, unter die Haut gehenden Sprechtext – in „Briefly“ von und mit Béatrice Larrivée (Kanada) eine so kraftvolle Einheit, dass die Jury sie zugleich mit dem 1. Preis für Choreografie und dem 2. Preis für Tanz auszeichnete. Der 1. Preis für Tanz ging an den Italiener Carmine Vigiotti, der in „The Space Between“ einen leeren Raum lebendig werden ließ. Die treffsicher und berührend gezeichnete Lücke hinterlässt das Bild eines Gegenübers, das endgültig fehlt. 

Selbstbestimmt – fremdbestimmt: An diesen beiden gegensätzlichen Polen positionierten sich die Stücke „NoHow“ von Charly Santiago (USA/Österreich) und die Portugiesin Maria Antunes mit „Pantera“. Als attraktive weibliche Raubkatze auf Beutezug konnte sie sich den Publikumspreis sichern. Ihre Kollegin zeigte dagegen anspruchsvolle Konzeptkunst, die am Ende auch mit Verweigerung kokettiert. Sie nahm den italienischen DAF Award mit nach Hause sowie die Einladung zu einer Residenz in Tel Aviv. 

Zwischen Hingabe und Erschöpfung liegt ein schmaler Grat – auf dem balancierte die Finalistin Marina López in „Dime si con eso vale“ („Sag mir, ob das ausreicht“). Zwei sich widersprechende Seelen wohnen auch in der tänzerischen Brust von Chen-Yang Peng (Taiwan) – die eine regelkonform und streng, die andere kreativ und frei. Die überzeugende Zeichnung dieser Gegensätze in „Two Relationships“ belohnte die Jury mit dem 3. Preis Choreografie.

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