Berlin! Berlin! wir fahren nach Berlin!!!

Feedback von Bettina Preuschoff zum tamed Kongress

Berlin, 01/06/2012

Von Bettina Preuschoff

In diesem Jahr fand der alle zwei Jahre stattfindende Kongress für Tanzmedizin in Berlin, im Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz, in den Uferstudios statt. Ein perfekter Ort um sich drei Tage theoretisch und praktisch dem Thema „Faszi/e/nation Tanz/ bewegte Vernetzung“ zu nähern.
Berlin, nur ein ICE-Katzensprung von Hamburg entfernt, bot mir so die Möglichkeit morgens noch eine kurze Runde in meinem Pilatesstudio zu arbeiten, danach ins bereits bestellte Taxi zu springen, in den ICE zu hüpfen, um pünktlich zum (fachlichen) Eröffnungsvortrag von Herrn Robert Schleip in Berlin zu landen. Robert Schleip ist ein international anerkannter Pionier der Faszienforschung und ich hatte schon öfter schwärmerische Berichte über seinen Vortragsstil und seine fachliche Kompetenz gehört und so war ich sehr gespannt auf seine Ausführungen. Und ich wurde nicht enttäuscht! Humorvoll, gut verständlich und von einer wahrlich gelebten Begeisterung für sein Fachgebiet getragen, bekamen wir die Grundlagen der Faszienforschung vermittelt, erfuhren interessante Fakten zur Geschichte der Faszienforschung und erhielten so eine tolle Einleitung für die folgenden Tage.

Am Nachmittag des ersten Tages gab es eine spannende Podiumsdiskussion zum Thema: „Rehabilitation im Tanz - Quo vadis?“ Hervorragend moderiert von Claudia Fees, gab es ein sehr engagiert geführtes Gespräch zwischen einem Tänzer, einem Ballett-Kompanie-Manager, einer Mitarbeiterin der Unfallkasse Berlin und zwei bekannten tamed-Ärztinnen. Es zeigte einmal mehr, wie viel Weiterentwicklungsbedarf es zu diesem Thema noch gibt. Es zeigte auf, dass leider noch immer fehlende Strukturen und unnötige bürokratische Hindernisse die Genesung von Tänzern verzögern oder verhindern.

Anschließend fand die Mitgliederversammlung statt und nach 15 Jahren schied nun das tamed-Gründungsmitglied Dr. Liane Simmel aus dem Vorstand aus. Ein sehr berührender Moment. Frau Dr. Simmel wird aber weiterhin bei tamed aktiv sein: aus einem anderen Blickwinkel heraus möchte sie neue Ideen entwickeln und umsetzen. Deutlich wurde, dass tamed sehr gewachsen ist und sich viel für die Zukunft vorgenommen hat.

Am Abend konnten wir dann eine Performance der Studenten des HZT genießen und auf der anschließenden Get Together Party gab es die Möglichkeit alte Bekanntschaften aufzufrischen und neue Kontakte zu schließen.

Am nächsten Tag ging es dann mit einem Theorieblock weiter: Ein breites Themenspektrum von „Kreuzbandverletzungen beim Profitänzer“ über „Visceral osteopathy and performance enhancement in dancer“, „Der Beckenboden: Altbekanntes ablegen, mit Neuem experimentieren“ bis „Inkontinenz im Leistungssport“ fesselte die Zuhörer.

Natürlich durfte auch die Praxis nicht zu kurz kommen und so freute ich mich schon auf einen Workshop bei meiner Kollegin Anna Schrefl die sich mit der Thematik: „Training bei Beckenschiefstand und Beckenverwringung“ beschäftigte und uns nach einem kleinen, gut vermittelten Theorieteil sogleich in Bewegung brachte. Geschickt verwob sie in ihrem Unterricht die Pilatesmethode mit Erkenntnissen aus der Spiraldynamik − ganz nach meinem Geschmack und so genoss ich diese Stunde in vollen Zügen! Auch der nächste Theorieblock enthielt wieder zahlreich interessante Aspekte. Sehr interessant war „Der besondere Fall: eine 19jährige Tänzerin mit „dancer´s fracture“. Sehr lebendig schilderte Frau Dr. Exner-Grave den von ihr betreuten Fall.

Der nachfolgende Vortrag von Frau Dr. Holtmann behandelte das Thema „Belastungsabhängige Fußschmerzen - Fallbeispiel einer Tänzerin“. Spannend war es auch zu hören, dass es der Berliner Ärztin Dr. Christine Wrede gelungen sei, ein unabhängiges Netzwerk für Tanzphysiotherapie aufzubauen − frei nach dem Motto „Nicht warten, dass etwas passiert, sondern es einfach einpacken“. Der ehemalige Tänzer und jetzige Physiotherapeut Younes Laraki stellte dieses engagierte Projekt vor.

Die folgende „Bewegte Zeit“ bot die Möglichkeit auf dem Gelände zu flanieren und in viele verschiedene Themen reinzuriechen. Mich zog es zu Frau Dr. Anita Ginter, die uns mit dem Thema „Die Behandlung des myofaszialen Komplexes“ vertraut machte. Ein weites Feld, in der Tat komplex und spannend. Schön ist, dass die Workshops mit Anita Ginter immer sehr praxisorientiert sind und man sofort mit dem Gelernten experimentieren kann und soll! Der Sonntag begann dann mit Veranstaltungen, die nach Fachgruppen unterteilt waren. So konnten sich jeweils Ärzte, Therapeuten, Tänzer, Tanzpädagogen etc. mit der Thematik ihrer jeweiligen Fachgebiete beschäftigen. Nach der Mittagspause ging es dann wieder weiter mit dem praktischen Teil, dieses Mal hatte ich einen Workshop bei einer weiteren Pilateskollegin, Antje Korte, gewählt.

Vor einigen Jahren hatte ich gemeinsam mit Antje einen mehrtägigen Workshop bei Marie Jose Blom absolviert, deren Master Mentoring Programm Antje zwischenzeitlich absolviert hat. Zusammen mit meiner tanznetz.de Moderationskollegin Terry absolvierte ich eine Reihe von sehr wirkungsvollen, tiefen Übungen, die den Hüftbereich von unnötigen Spannungen befreiten und zu einer entspannten, tief geführten Bewegungsqualität führten. Antje führt mit sehr viel Detailwissen und Liebe zum Thema durch den Unterricht und begeisterte mit ihrer natürlichen Art die Teilnehmer.

Nach drei Tagen Dauer-Input ging es dann in den theoretischen Endspurt! Fr. Dr. Patrizia Melchert referierte zum Thema „Faszination: Fußarbeit gefragt“ über die Problematik, die das Tragen der hohen Schuhe im Tanzsport nach sich ziehen kann. Wir erfuhren von Prof. Dr. Ingo Fietze Neues über „Die Schlafqualität von Balletttänzerinnen und –tänzern“. Gerne hätte ich die nach drei Tagen Informationsflut aufsteigende Müdigkeit in dem von ihm vorgestellten Schlafoasen des Staatsballetts Berlin auskuriert! Mir blieb leider nur der etwas unbequeme Sitz im ICE zurück nach Hamburg, um mich zu erholen und alles erlebte Revue passieren zu lassen.

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