Mein XI. Kongress für Tanzmedizin

Ein Blog von Bettina Preuschoff

Frankfurt, 27/05/2010

Nach einer arbeits- und ereignisreichen Zeit sitze ich im Zug nach Frankfurt und so langsam entspanne ich mich und freue mich auf drei informative Tage in meiner ehemaligen hessischen Heimat. Es ist für mich immer wieder ein Erlebnis den Kongress zu besuchen. Es gibt viel theoretischen wie auch praktischen Input auf höchstem Niveau, meine freudige Erwartung steigt. Auch die Vorfreude alte Kolleginnen und Freundinnen wieder zu sehen, ein paar schöne Tage mit dem tanznetz.de-Team zu verbringen und in tolle Tanzveranstaltungen einzutauchen, stimmen mich positiv.

Ich erreiche die Hochschule für Musik und darstellende Künste am späten Vormittag und stolpere gleich über die ersten Bekannten – wie schön! Nachdem ich „eingecheckt“ habe, meine Kongressunterlagen erhalten habe und auch die ersten Freunde begrüßt habe, geht es auch schon los: Der Direktor der Tanzabteilung – Prof. Dieter Heitkamp- begrüßt uns mit einer humorigen Lecture Performance. Endlich mal keine drögen „warmen“ Reden, sondern eine praktische Demonstration zum Thema „ROTIERE: Über Dreh- und andere Momente“. Eine wahrlich passende Begrüßung, in der eine Gruppe von Studenten die Rede von Herrn Prof. Heitkamp bewegungstechnisch unterstützt! Wir müssen alle lachen, als der Redner auf einmal auf dem Boden liegend weiterredet, selbst ins Rotieren kommt. Ein herzlicher Beginn, der die Atmosphäre sofort auflockert und Lust auf die folgenden Tage macht!

Es geht direkt weiter mit dem ersten theoretischen Block: Stammgast Dr. Boni Rietveld aus den Niederlanden beginnt seinen Vortrag „Zum Tanzen geboren - Gelenkhypermobilität bei Tänzern“ und fordert das Publikum auf zu testen wie es denn um die persönliche Gelenkmobilität bestellt ist. Ein spannendes Thema, denn der Tanz sucht sich ja oft gerade die sehr gelenkmobilen Menschen aus, die jedoch häufig der Dauerbelastung nicht gewachsen sind und ihre Karriere früh beenden müssen. Sein Fazit ist aber trotzdem, dass das Tanztraining - auch die professionelle Tanzkarriere -  eine gute Wahl für Hypermobile ist.

tamed wäre nicht tamed, wenn nicht auch kontroverse Meinungen zur Diskussion stehen dürften. Und so schließt „Madame Tamed“, Dr. Liane Simmel, – Gründungsmitglied und jahrelanges Vorstandsmitglied von tamed e.V.- direkt an und hält einen Vortrag zum Thema „Die goldene Mitte – Hypermobilität und ihr Einfluss auf die Propriozeption“. Ihr Ansatz ist weitaus kritischer und beleuchtet die Karriereentwicklung von hypermobilen Tänzern. In der obersten Hierarchie (1. Solotänzer) befinden sich keine hypermobilen Tänzer mehr. Die Frage bleibt warum? Gut möglich, dass diese verletzungsbedingt gar nicht mehr in der Lage sind, an diesen Punkt ihrer Karriere zu gelangen. Das stimmt nachdenklich! Wenn wir gesunde Tänzer wollen, müssen wir vielleicht Abschied nehmen von der heute so vorherrschenden, perfekten Ästhetik, denn Tanz sollte einfach mehr sein als einen perfekt erscheinenden Körper zu zeigen, oder? „Weniger ist mehr - Unbeweglichere Tänzer springen höher“ lautet der Titel des Vortrages von Andrea Schärli. Man merkt an den Reaktionen des Publikums, dass das Thema viele Zuhörer anspricht, dass sie sich in diesen Erkenntnissen der Tänzerin und Bewegungswissenschafterlin Schärli wiederfinden.

Mit Interesse verfolge ich auch den Vortrag des tanzenden Mediziners Dr. Ihle aus Berlin. Er hält einen Vortrag zum Thema „Hüftgelenkersatz bei Tänzern und Tanzpädagogen – Hintergründe, Aussichten und klinische Erfahrungen“. Beeindruckend ist das am Schluss des Vortrags gezeigte Video eines Tänzers vom Berliner Staatsballett, der nach einer Operation mit einer Hüft-TEP, also einer totalen Endprothese des Hüftgelenks wieder aktiv in der Kompanie tanzt!
 

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