Ein „Vuurvogel“ à la Goecke

Eine Uraufführung bei den Nederlandse Dansdagen

Maastricht, 12/10/2010

Das Duo dauert keine acht Minuten, und hat es doch in sich. Schließlich erhofft man sich von der Gala van de Nederlandse Dans etwas Besonderes, und Ed Wubbe hat als Ausrichter der diesjährigen Veranstaltung seinen besten Mann aufgeboten, im Rahmen der Nederlandse Dansdagen Maastricht eine veritable Kreation beizusteuern. Eben einen „Feuervogel“-Pas-de-deux, der so ganz anders ist als der, den wir beispielsweise von Cranko kennen: schwarz wie die Nacht, die allein sein Tanz erhellt, und ohne auch nur den Anschein einer Apotheose, wie sie Igor Strawinsky in seiner Musik aufleuchtend instrumentalisiert.

Dabei verzichtet der gemeinsame Haus-Choreograf des Scapino- und des Stuttgarter Balletts auf jeden Theatereffekt. Kein Flammenwerfer. Nicht einmal ein aufblitzendes Feuerzeug. Nichts, was vom Eigentlichen hätte ablenken können. Bonnie Doets und Mitchell-lee van Rooij sind auf sich allein gestellt. Nur ihre schwarz behosten Körper sind zu sehen. Und doch vermittelt sich das Flatterhafte des Feuervogels, kaum dass Bonnie Doets aus dem Dunkel des Theaters auftaucht. Der Kopf kahl geschoren, ist sie nicht sofort als Frau zu erkennen – und die Ambivalenz ihrer Erscheinung ist es denn auch, die ihrem Geschöpf etwas Geheimnisvolles gibt, ihm seine Aura belässt. Immer wieder verkrallen sich die Hände. Die Arme schwingen Flügel gleich. Auf Zehenspitzen trippelt die Scapino-Solistin mitten hinein in einen Tanz, der ganz in sich ruht und nichts Hektisches hat. Konzentriert auch Mitchell-lee van Rooij, der wenig später ihren Spuren folgt: kein Prinz, wie man ihn aus dem Märchen kennt, sondern ein Mann, der nicht einfach zupackt, wenn der Vogel in eine Schräglage gerät, sondern sich wie ein choreografisches Chamäleon mehr und mehr in sein Gegenüber verwandelt. 

Am Ende – die Berceuse und das Finale sind längst verklungen – hat sich beider Welt auf eine wundersame Weise verändert. So, wie es präzise auf dem Programmzettel heißt: „Ein Vogel, der tanzt; ein Mann, der fliegt.” Es wäre zu wünschen, wenn sie es nicht nur bei dieser Gelegenheit täten.


Das Scapino-Ballett gastiert u.a. mit diesem Pas de deux und weiteren Werken von Marco Goecke und Ed Wubbe am 28. Oktober im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg 
www.forum.ludwigsburg.de

 

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