Aller guten Dinge sind drei…

Zum dritten Mal choreografieren die Tänzer des Tanztheaters Görlitz ihren eigenen Abend

Görtitz, 16/01/2010

Dieser neue Abend der Görlitzer Tanztheaterkompanie ist der Beweis. Es stimmt. Aller guten Dinge sind drei. Zum dritten Mal heißt es „Tänzer für Tänzer“ was in diesem Fall bedeutet, dass sechs Tänzerinnen für sich, Kolleginnen und Kollegen je eine sehr persönliche Choreografie beigesteuert haben für einen Abend, der sich am Ende in schönster Freiheit rundet und dem zufällig wirkenden Titel „Hunger auf…“ insofern aber Recht gibt, dass der starke Wunsch besteht in einem Jahr am gleichen Ort zum gleichen Anlass sich wieder einzufinden.

Am Anfang sind die Stille und das Licht. Am Ende absurd gelöste Heiterkeit und die Erkenntnis, selbst wenn ein Topf seinen Deckel findet, muss das nicht heißen, dass alles hier gedeckelt ist. Es beginnt mit einer Choreografie von Steffi Sembdner, die sie mit Antoinette Helbing tanzt. „Ur“, das ist eine berührende Variation aus Stille und Zärtlichkeit, weicher Körperlichkeit unter dem sich verändernden Schein einer einzigen Lampe, deren Lichtrund größere und kleinere Inseln in der Dunkelheit entstehen und vergehen lässt. In „Teilchen“ von Simone Rabea Döring geben Licht und Schatten, Schwarz und Weiß den Ausgang und den Anstoß für bewegtes Nachdenken über Distanz und Nähe, über Einsamkeit zu zweit. Dieser spannende Exkurs erhält seine Eindringlichkeit nicht zuletzt durch die Ausstrahlung hoch konzentrierter Gesichter der Tänzerin und ihres Partners Sebastian Fiedor.

Helena Fernadinos Solo führt an einen „Unort“, den sie zunächst mit Kreidestrichen markiert. Was zunächst ein Zufluchtsort sein kann wird zum Verlies mit immer kleiner werdenden Lichtpunkten, immer Stärkeren Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Zu sehen sind Assoziationen innerer Immigration und die Versuche Zeichen zu hinterlassen, den Umriss eines Schattens zumindest, mit den krümelnden Resten farbiger Kreide.

Antoinette Helbing wird bewegt und getrieben zwischen auf sie einstürmenden Geräuschen und Tönen aus Kollagen von Klang und Sprache für die sie mindestens vier Ohren bräuchte. In Anspielung auf menschliche Beschränktheit der Wahrnehmung und eigener Ausblendetechnik samt Folgen heilsamen oder unheilsamen Erschreckens nennt sie ihre selbst dargebotene Arbeit „Auf zwei Ohren blind“.

„Mutter, ach Mutter“, die Worte sind irgendwann zu vernehmen von Martina Morasso, aus mantraartigen Klängen einer Meditationshaltung, mit der ihre eindringliche Choreografie Bildassoziationen zu einer Collage aus zwei Liedern aus Gustav Mahlers Wunderhornliedern beginnt, die irdischen Hunger und himmlische Speisung besingen. Zum einen gelingt es, Sprache durch Musikalisierung und Bewegung miteinander zu verbinden, zum anderen überzeugt ihr gebrochener, mütterlich, wiegender Trauergestus, der körpersprachliche Übergang in Hunger- und Himmelsdelirien.

Unangestrengt und heiter klingt der Abend aus. „Topf und Deckel – Ein Trio für zwei Verliebte“ hat Maria Zimmermann für sich und William McQueen und Jens Baermann am illuminierten Flügel choreografiert, der mit eigenen Varianten Musik von Chick Corea und Leonhard Bernstein verbindet. Die beiden Tänzer verbindet die Lust am Fabulieren, der Spaß daran, in vielen Varianten zu probieren, wie ein Topf zum Deckel kommt und ein grober Tisch für zwei Menschen zum Hafen ihrer Hände wird. Der Topf ist ein Blumentopf. Manchmal steckt ein Kopf darin, manchmal ein Fuß. In den Sand steckt keiner von beiden vor dem anderen den Kopf. Die Hände legen sie nicht in den Schoß, sie fliegen und flattern vielmehr leicht durch dieses Finale eines Abends, bei dem zu allem Können die Görlitzer Tänzerinnen und Tänzer sich sehr persönlich und höchst authentisch zeigen.

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