Frühlingsorchester in Steppschuhen

Thomas Marek und sein Ensemble bringen gute Laune pur auf Kampnagel

Hamburg, 19/03/2009

Der Titel, den Thomas Marek für seine neue Stepptanz Performance gewählt hat, passt wie die Faust aufs Auge: „Orchestra“. Das Orchester umfasst in diesem Fall zehn Tänzer, 20 Füße und scheinbar unendlich viele Rhythmen, Klangformen und Spielweisen. In Jogginghosen und bunten T-Shirts steppen die Tänzer über die Bühne und dabei beherrscht jeder sein „Instrument“ auf ganz individuelle Art und Weise. Der eine spielt es zart, streicht mit den Schuhen nur leise über die Holzfläche, der nächste beackert den Boden mit unglaublichen Wucht und tanzt sich beinahe bis zur Ekstase. Thomas Marek selbst treibt dies am Ende bis zur totalen Erschöpfung. Die Anstrengung ist ihm ins Gesicht geschrieben, doch seine Beine scheinen ein Eigenleben zu führen und lassen ihn nicht ruhen, steppen immer weiter und weiter. Soli wie diese sind beeindruckend, doch am meisten begeistert das Stepp-Orchester im „uni sono“. Wenn die zwanzig Füße im gleichen Rhythmus stampfen, ist das so mitreißend und ansteckend, dass es einem beinahe unmöglich ist, still sitzen zu bleiben.

Doch „Orchestra“ im Sinne eines tanzenden, Klang erzeugenden Orchesters ist nur die eine Bedeutung mit der Thomas Marek in seinem neuen Stück spielt. „Orchestra“ ist zugleich auch der alt-griechische Begriff für die kreisrunde Bühne des griechischen Theaters. Die korrekte Übersetzung lautet allerdings nicht Bühne, sondern Tanzplatz und bietet damit einen weiteren Ansatz mit dem sich die Stepptanz Performance auseinandersetzt. Tatsächlich scheint der Tanzplatz, der Boden, der betanzt wird, so entscheidend zu sein wie im Stepptanz. Der Boden stellt das erweiterte Instrument dieser Tanzform dar. Ohne diesen wäre der Stepptänzer „stumm“. Die Bühne auf Kampnagel ist nicht kreisrund. Im Gegenteil, sie ist quadratisch und die geometrische Form des Quadrats wird innerhalb des Stücks vielfach reproduziert. Kleine Lichtquadrate zeigen den Tänzern ihre Plätze an, auf denen sie dann ihre Füße zum klingen bringen. Metall trifft Holz. Thomas Marek erweitert diese herkömmliche Form des Stepptanzes immer wieder um neue Klangmomente und bringt damit einen neuen künstlerischen Ansatz in diese Tanzform. Sechs Tänzer stehen auf separaten kleinen Holzquadraten und erzeugen mit Hilfe von Computereffekten neue Klangwelten. Bei einem hallen die Schritte, der nächste erzeugt einen Echoeffekt, ein weiterer klingt wie eine E-Gitarre, auch so etwas wie ein Xylophon meint man zu erkennen. In diesem Moment stehen die erzeugten Geräusche eher im Vordergrund als die Kunst des Tap-Dance. Die Zuschauer lauschen Zukunftsmusik. Im Kontrast dazu stehen Klassiker wie „You’re nobody till somebody loves you“, von denen sich die Tänzer auf der Bühne zu neuen Schrittfolgen inspirieren lassen. Und als alle zehn Tänzer im gleichen Rhythmus zu „Summertime“ steppen, ist der Frühling greifbar in der Halle auf Kampnagel angekommen. Bei diesen gelungenen Gruppenszenen ist im Publikum kein Halten mehr. Die positive Stimmung ist zu großen Teilen nicht allein der technischen Leistung der Tänzer zu verdanken, sondern auch deren Ausstrahlung. Trotz der enormen Anstrengung, die ihnen dieser Tanz abverlangt, zeigt sich auch der Spaß, den sie dabei haben. Sie lachen offen in den Zuschauerraum als wären sie nirgendwo glücklicher als jetzt und hier auf dieser Bühne und auf diesem Tanzboden. Und das Publikum dankt es ihnen mit jubelndem Applaus.

Weitere Termine: Mi. 18.03. / Do. 19.03. / Fr. 20.03. / Sa. 21.03.

www.kampnagel.de

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