Bezauberndes Ballett-Sommermärchen

Das Sankt Petersburger Mariinsky Ballett auf Gastspiel in Wien

Wien, 30/06/2008

Die Kunst des klassischen Balletts genießt in Russland seit mehr als 100 Jahren eine Sonderstellung. Während sich das russische Fußballteam im Sport auf den Weg zur Spitze macht, haben die Tänzer des Sankt Petersburger Mariinsky Theaters den künstlerischen Zenit längst erreicht.

Wie beim Auftakt eines dreitägigen Gastspiels mit „Schwanensee“ in der Volksoper Wien am Samstag zu sehen, wirkt das Corps de ballet wie aus einem Guss. Scheinbar mühelos setzen die Tänzer rasche und extreme Tempowechsel von Tschaikowskis Musik um (Dirigent: Boris Grusin).

Sie bleiben so homogen, wie es die choreografische Fassung von Konstantin Sergejew nach Marius Petipa und Lew Iwanow von 1950 verlangt. Mit Raffinesse schlüpfen die Gruppentänzer auch in solistische Rollen und tanzen die Nationaltänze des 3. Akts mit Elan und Temperament.

Welch Luxus für ein Ensemble, wenn junge Tänzerinnen wie Jekaterina Osmolkina und Jekaterina Kondaurowa für Nebenrollen als Kleiner und Großer Schwan zur Verfügung stehen. Für die erkrankte Uljana Lopatkina sprang Viktoria Tereschkina als Odette/Odile ein. So fragil und graziös sie die verzauberte Schwanenkönigin tanzt, so stark und zeitgemäß interpretiert sie die Rolle als junge Frau, die aus ihrem Schicksal ausbrechen kann. Mit Bravour verkörpert sie den neuen Stil der Mariinsky-Ballerinen, der Virtuosität und immenses technisches Können noch vor Ausdruck und Individualität stellt.

Als Odile im dritten Akt nimmt sie Bewegungen von deren Vater, dem Zauberer Rotbart, auf und führt die Verwandlung der Schwanenkönigin zur Femme fatale glaubhaft vor Augen. Konstantin Zwerew gestaltet Rotbart als eine Art männlicher schwarzer Schwan, dessen Flügel am Ende von Prinz Siegfried gebrochen werden. Im Unterschied zu Rudolf Nurejews Wiener „Schwanensee“-Choreografie endet die St. Petersburger Fassung mit einem versöhnlichen Sieg des Liebespaares über das Böse, unterliegen schwarze Schwäne der Überzahl der weißen. Die verzauberten Mädchen können in die reale Welt zurück.

Danila Korsuntsew ist als Prinz Siegfried ein nobler Partner für Tereschkina, dessen Sprünge den Bühnenraum zu sprengen drohen. Mit Pirouetten, Akrobatik und Charme mutiert Andrej Iwanows Narr zu einem Spielleiter im ersten und dritten Akt. Mit solch exquisiten Gastspielen setzt die Volksoper wichtige Akzente für den Stellenwert des Balletts in Wien.

Für „Schwanensee“ heute, Montag, in der Volksoper, gibt's noch Restkarten.

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier.

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