„Andersens Welt“ - Kinderballett von Anna Vita

Plädoyer für das gute, alte Märchenballett

Duisburg, 28/10/2008

Natürlich war's purer Zufall, dass Anna Vitas Märchenballett „Andersens Welt“ just an dem Tag im Theater Duisburg Premiere hatte, als die Uhren um eine Stunde zurück gestellt worden waren. Aber das passte perfekt. Denn diese Produktion der „Deutschen Oper am Rhein“ gehört eigentlich in eine frühere Zeit - als Theater für Kinder noch wirklich kindlich war, virtuelle Welten Lichtjahre entfernt lagen...

Anna Vita, viele Jahre lang Tänzerin in Youri Vàmos' Kompanie (in Dortmund, Bonn, Basel und Düsseldorf/Duisburg), leitet seit 2004 das Ballett am Mainfrankentheater Würzburg. Dort schuf sie zum Andersen-Jahr 2005 nach einem ungarischen Roman für ihre 13-köpfige Truppe ein Kinderballett auf Musik von Eric Satie, das begeisterte Aufnahme fand. Youri Vàmos lud sie daraufhin ein, eine größere Fassung für sein Rheinopern-Ballett zu erarbeiten. Als szenischer Mitarbeiter stand kein Geringerer als Pet Halmen zur Verfügung. Und die Musik sollte, um Kompositionen von Francis Poulenc und Darius Milhaud erweitert, live gespielt werden. Welche Chance!

Anna Vita hat sie sich nicht entgehen lassen und ein 70-minütiges Handlungsballett choreografiert, das absolut kindgerecht und doch auch für Erwachsene tauglich ist. Pet Halmens Bühnenbild mit der kleinen, blauen Straße in Odense und dem Porträt des Märchendichters - wie aus einem Märchenbuchdeckel geschnitten - über der Rampe baumelnd, ist grandios. Raffiniert wird es durch die Hinterbühne mit dem Blick ins Duisburger Theater und die Kellerwohnung, in der der Dichter haust – ganz nah an dem Ort, wo er berühmt werden will: im Theater, als Dramatiker. Dass das nicht passiert, sondern seine Märchenfiguren das Wichtigste bleiben, was er zu geben hat, dafür sorgt ein kleines Mädchen. Und Herr Shakespeare – kalkweiß, aber mitnichten aus Gips – nickt wohlwollend dazu.

Wie ätherische Wesen in hauchzarten weißen Kostümen (bis auf den drallen Kaiser mit seinen neuen Kleidern) hat Halmen die Märchenfiguren kostümiert – biedermeierlich die Menschen. Getanzt und musiziert (Duisburger Philharmoniker unter Martin Fratz) wird schwungvoll. Alexey Afanasiev ist der perfekte Andersen, Andrea Kramesová das entzückende kleine Mädchen Gerda, Daniela Svoboda eine hochelegante, eiskalte Schneekönigin (im weißen Pelz) und Diva (in schwarz), Dwayne Holliday die köstlich wackelkopfige Shakespeare-Büste. Eine glänzende Idee ist die Einfügung des Theaterhausmeisters. Er erzählt ganz genau, worum es eigentlich geht – noch dazu mit ausgesucht eleganten, flüssigen Formulierungen und durchaus erfrischend fröhlich. Aber leider verstand man Louis Vernal wegen des Tempos und Akzents bei der Premiere nicht allzu gut. Das lässt sich ändern. Denn dieses Ballett ist sozusagen das Weihnachtsmärchen der Rheinoper. Die Düsseldorfer Premiere ist bereits am 7. November. „Empfehlen Sie uns weiter!“ stand auf der Premiereneinladung. Aber gern doch!

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