Auf Stippvisite in Bangkok

Zu Gast im koeglerjournal: Ulrich Roehm begegnet dem Stuttgarter Ballett

Bangkok, 16/02/2007

Inzwischen ein Weltreisender in Sachen Ballett, gestern beim World Congress des Conseil International de la Danse in Athen, zwischendurch auf Hawai, ist Ulrich Roehm, Vorsitzender des Berufsverbands für Tanzpädagogik, „Mr. Tanzpreis“, bei seiner jüngsten Fernost-Expedition in Bangkok zufällig dem Stuttgarter Ballett begegnet, das dort mit einem modernen Programm gastierte. Eigentlich wollten die Thais einen „Klassiker“ à la „Romeo und Julia“ oder „Onegin“ haben. Umso erfreulicher, dass die zweimal Dreitausend im Thai Cultural Center die Novitäten mit der gleichen Begeisterung aufnahmen wie die Crankos beim ersten Besuch der Stuttgarter vor zwei Jahren. Hier ist der Bericht unseres Manns aus Essen als Gastautor im koeglerjournal:

Stuttgart Forever oder Es muss nicht immer Cranko sein! Ein Stuttgarter Ballettgastspiel ohne Cranko – geht das überhaupt? Ein bisschen blümerant war Reid Anderson schon zumute, als er, entgegen dem Wunsch der Thais, „Kazimir´s Colors“, „Mono Lisa“, „Skew-Whiff“ und „Siebte Sinfonie“ aufs Programm setzte. Wie würden die doch sehr europäischen Kreationen vom dortigen Publikum goutiert werden? Nun, sie wurden! Bei 33 Grad im Schatten demonstrierte Stuttgart einmal mehr sein Weltniveau. Plätscherten Mauro Bigonzettis „Kazimir's Colours“ noch als ruhige Ouvertüre des Abends dahin, bereits erstaunlich intensiv applaudiert, so steigerte sich die Zustimmung der Besucher beim folgendem tänzerischen „Stuttgarter Feuerwerk“ bis zum frenetischem Schlussapplaus. Itzik Galilis „Mono Lisa“, den Interpreten Alicia Amatriain und Jason Reilly auf den Leib choreografiert, wurde von ihnen mit einer derart ruhigen Souveränität präsentiert, als handelte sich's um die selbstverständlichste Sache der Welt.

Fasziniert verfolgte das Publikum sodann, wie die drei skurrilen männlichen „Monde“ in Paul Lightfoots and Sol Léons „Skew-Whiff“ die außerirdische Katja Wünsche umkreisten. Und was das Triumvirat Uwe Scholz – Beethoven – Stuttgarter Ballett mit der „Siebten Sinfonie“ als Finale auf die Bühne zauberte, war selbst für den europäischen verwöhnten Ballett-Snob im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend! Betört durch die geradezu feenhafte Leichtigkeit der makellosen Technik Alicia Amatriains, assistiert von der zurückhaltenden, virilen Brillanz Jason Reillys, umrahmt von diesem wunderbar homogenen Ensemble, dankte das Publikum nach einem Moment des Verharrens mit begeistertem Applaus – dem sich auch der Ehrengast, Her Royal Highness, nicht versagte. Um eine weitere Einladung nach Bangkok braucht sich der risikofreudige Reid Anderson nach diesem Erfolg keine Sorgen zu machen. Es muss also durchaus nicht immer Caviar, pardon: Cranko sein! Ulrich Roehm

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