„Ma“ - Akram Khan Company

Jetzt auch in Hamburg auf Kampnagel

Hamburg, 28/11/2005

Kein Zögern, Verharren, keine Unsicherheiten - wie geschmiert läuft „Ma“ von Akram Khan auf der Bühne von K6 auf Kampnagel ab. Kein Wunder, die Choreographie wurde bereits im Mai 2004 in Singapur uraufgeführt; seitdem zeigt Akram Khan das Stück mit seiner siebenköpfigen Company überall, präsentierte es auch bereits an sechs Orten in Deutschland. Kampnagel wird quasi hinten drangehängt. Nach Hamburg stehen Kairo, Mailand, Budapest und eine Holland Tour an. Neun Koproduzenten, weltweit verteilt, nennt das Programm. Anders lässt sich offenbar eine solche Produktion mit sieben Tänzer/innen, vier Musikern und sonstigem Team nicht bezahlen. #

Akram Khan, 1974 geboren in England als Kind pakistanischer Einwanderer, verschmilzt wie selbstverständlich unterschiedliche Kulturen. Links an der Seite lässt er einen indischen Percussionisten (B C Manjunath-Mridanga) scheinbar frei die sehr variablen Rhythmen des Subkontinents schlagen, rechts postiert er eine Cellistin (Natalie Rozario), die europäische Tonfarben beimischt, während die Flötistin Lisa Mallett sich mit ihrem heiserem, vibrato gesättigten Vortrag zwischen den Welten bewegt. Dazu fügt sich Faheem Mazhar mit dem sich windenden Gesang, ähnlich dem des Flamenco.

Zwischen diesen Polen spielt sich das tänzerische Geschehen ab, in dem sich indisch angehauchte Hand- und Fingergestiken mit westlich modernen Repertoire zusammenfinden. Akram Kahns Bewegungssprache kennzeichnen die explosiven Impulse, die plötzlichen Beschleunigungen, besonders der Arme, die wie eine Schwungmasse genutzt werden, den Körper mit in eine Drehung, Verwindung ziehen. Da das hindische „Ma“, neben „Mutter“, auch „Erde“ bedeutet, tummeln die Tänzer/innen sich oft virtuos auf dem Boden, auch hier mit den typischen abrupten Akzenten, Zuckungen. Die vier Frauen agieren durchweg profilierter, intensiver, präsenter als die drei Männer, Akram Khan eingeschlossen.

Zwar gibt Akram Kahn die Story von der Frau vor, die Gott um Kinder bittet, stattdessen Samen von Bäumen erhält, erzählt aber keine stringent ablaufende Geschichte, gestaltet atmosphärische, kaum je eindeutige Momente. Wie beim Paar, das den Hader der Frau mit Gott ausdrücken könnte: Sie wehrt seine Umklammerungen kraftvoll ab, wird von ihm immer wieder gepackt, bis sie am Boden in Zuckungen ausbricht. Oder der Gruppe, die sich immer mehr zusammenschiebt wie ein wachsender Organismus. Und die Pose: Beine in weiter zweiter Position, Oberkörper so weit nach vorn gebeugt, dass der Kopf als Stützpunkt dient, während die Arme seitlich ausgestreckt sind: Tier oder Pflanze. Zum Ende hin wird eine Frau herumgeschleudert, während sie komisch ungerührt von trees und children als dem Gleichen spricht. Damit nimmt Akram Khan den Beginn auf: Zwei Frauen schildern, kopfüber im halben Handstand, im witzigen Dialog das Schicksal der Frau.

Trotz dieser gelungenen Passagen, trotz des raffinierten Lichtdesigns (einschließlich explosionsartigem Einschalten einer blendenden Scheinwerferbatterie) sackt das Geschehen immer wieder ab, dehnen sich die 75 Minuten mehr und mehr, weil es Akram Kahn nicht vermag, Entwicklungen zu schaffen. Es bleibt mehr bei einer Aneinanderreihung von Momenten, wenn auch oft faszinierenden, nicht zuletzt durch die ausnehmend guten Tänzer/innen.
 

Gesehene Vorstellung: 26.11.
Weitere Vorstellungen 30.11. bis 3.12., jeweils 20 Uhr.
weitere Informationen unter www.kampnagel.de

 

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