Kopenhagens Nacht der Nächte

Zum Abschluss des 3. Bournonville-Festivals

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Kopenhagen, 11/06/2005

In Deutschland feiern wir unseren Schiller. In Dänemark aber lieben sie ihren August Bournonville (und natürlich Hans Christian Andersen)! Das 3. Bournonville-Festival hat es Abend für Abend bewiesen – und an diesem Schlussabend mit den „Bournonvilleana“ noch einmal mit unabweisbarer Eindeutigkeit. So viele Smokingträger habe ich nie zuvor in einer Vorstellung gesehen – nicht einmal in Bayreuth! Selbst die zahlreichen ausländischen Gäste hatten sich groß in Schale geworfen. Und die wiederum anwesende Königin wurde sogar mit der Nationalhymne begrüßt. Und am Ende regnete es Konfetti-Blätter und Luftballons und am Kongens Nytorv wurde ein großes Bournonville-Feuerwerk abgebrannt (hat es je irgendwo ein Petipa- oder Balanchine-Feuerwerk gegeben?).

Und dann folgte eine Super-Party, und nie zuvor habe ich so viel Ballettprominenz aus der ganzen Welt getroffen - nicht in Europa, nicht in New York, nicht in Moskau und auch nicht in Tokio. Es war Kopenhagens Nacht der Nächte! Eine Gala wie diese werde in wohl für den Rest meines Lebens nicht mehr erleben! Sie begann mit einer launigen Begrüßung durch den Bournonville-Erben Frank Andersen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Zuerst die Knirpse aus der Ballettschule. Dann ein paar Filmeinblendungen, die daran erinnerten, was für ein vorweggenommener Europäer dieser August Bournonville war – bei all seinem Stolz darauf, ein Däne zu sein. Und dann folgte das Programm, mit Ausschnitten aus der „Kirmes in Brügge“, dem „Blumenfest von Genzano“ und den königlichen Freiwilligen von Amager.

Und nach der Pause ging dann der Bournonvillesche Welterkundungstrip weiter – in die Schweiz (zu „Wilhelm Tell“), nach Spanien („Der Troubadour“), ins ferne Martinque („Paul et Virginie“), nach Litauen („La Lithuanienne“), auf den Kasernenhof („Polka Militaire“), auf die transsibirische Route (der Jockey-Tanz aus „Von Sibirien nach Moskau“), bevor es noch ein paar Filmausschnitte von Bournonville-Exzerpten aus der Zeit um die Jahrhundertwende gab (sehr lustig!). Der Schluss gehörte dann – wie denn auch nicht – dem unverwüstlichen „Napoli“ mit Pas de six, der Tarantella und dem Finale, inklusive der Böllerschüsse der vereinigten Schützengilden aus dem Golf.

Welch ein Fest! Ausgerichtet von den jüngsten Absolventen der Schule bis zu den Etoiles, die hier schlicht nur Principals heißen – nebst den Senioren. Die Tänzer so locker, so frohgestimmt – so viel tänzerische Lebensfreude war nie (auch nicht bei den hochgeschätzten Kollegen aus St. Petersburg und Moskau). Ihre Technik noch einmal auf Hochglanz poliert. Ihre Enchaînements exakt auf den Punkt gebracht. Die Linien wie mit dem Lineal gezogen. Die Schlüsse standfest als Ausrufezeichen gesetzt. Ihr Tanzvokabular mit den spezifischen dänischen Kuriosa versehen – den durchgestrichenen ø, den zwangsverheirateten æ.

Und das alles ganz ohne Krampf und spontan tänzerisch daher parliert. Dabei so frisch gestärkt und unangestrengt aus den Armen und Füßen geschüttelt. Man musste sie einfach lieben! Und das taten alle, die privilegiert waren, diese Kopenhagener Nacht der Nächte mitzuerleben! Ein Lächeln schwebte über der Stadt. Und die Welt schien an diesem Abend ein bisschen heiterer und freundlicher als noch am Morgen, da wir aufgestanden waren. Wozu doch das Ballett imstande ist! Und das alles hat dieser wunderbare August Bournonville bewirkt – zweihundert Jahre nachdem er geboren wurde – und bewirkt es noch immer, hundertfünfzig Jahre nach seinem Tod!

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