Auf Stippvisite in der Heimat

„Des Königs Freiwillige von Amager“ und zum 785. Mal „La Sylphide“

oe
Kopenhagen, 09/06/2005

Gerade mal zu einem Kurzabstecher ist Bournonville auf seiner Ballett-Weltreise nach Kopenhagen zurückgekehrt - zu „Des Königs Freiwillige von Amager“ – und hat dann noch eine Inspektion der „Sylphide“ angeschlossen. Denn schon morgen geht‘s weiter gen Norden, zu den Trollen, Elfen und Zwergen von „Eine Volkssage“.

Bournonvilles „Königsgarde“ von 1871 ist eins seiner spätesten Stücke – in Analogie zu einem Singspiel vielleicht am besten als ein Tanzspiel zu bezeichnen, das auf der Woge der patriotischen Begeisterung nach den preußisch-dänischen Kriegen schwamm. Bournonville blickt darin, nicht ohne Nostalgie, auf seine unbeschwerte Jugend zurück, im südlich von Kopenhagen gelegenen, ländlichen Amager, wo die gerade von einer Küsteninspektion zurückkehrenden, sehr bürgerlichen Leibjäger zusammen mit den Bauern und ihrer weit verzweigten Familie Karneval feiern (inklusive ihrer Kinder, versteht sich).

Im Mittelpunkt der Handlung steht Edouard Du Puy, historisch beglaubigter Musiker und Leutnant (übrigens auch Dänemarks erster Mozart-Don-Giovanni), der ein stadtberüchtigter Schwerenöter war und nicht merkt, dass unter den vielen jüngeren Frauen, denen er nachstellt, auch sein eigenes Weib ist (das ist sehr „Fledermaus“-ähnlich). Es wird also viel geflirtet, gefeiert und natürlich getanzt, die Kinder liefern sich eine Schneeballschlacht, es gibt eine erotische Traumerzählung, eine Militär-Polka, einen kristallinisch funkelnden Pas de trois (mit dem brillanten, vor einer Woche zum Principal gekürten Kristoffer Sakurai) und einem aufschäumenden Happy-End-Reel.

Das ist in dem farbenfrohen Dekor und Kostümen von Karin Betz und seinen spielzeughaften Landschaftsvignetten hübsch anzusehen und wird von schmissigen Melodien begleitet, die V. C. Holm querbeet von Mozart bis H. C. Lumbye arrangiert hat. Garniert mit zahlreichen folkloristischen Nettigkeiten, ist es ein Ballett, das garantiert jugendfrei ist, an dem aber auch Erwachsene ihre Freude haben. Kaum für den Export geeignet, aber für die Dänen sozusagen ein Tanz-Cake mit Flödeskum (der besonders schön fetten dänischen Schlagsahne). Und für Peter Bo Bendixen ein fulminanter Anlass, als Monsieur Du Puy alle seiner Charmeurqualitäten zu versprühen. Ausgesprochen herzerwärmend!

Und dann also abermals „La Sylphide“ – anders besetzt und sehr viel romantischer und verschwärmt-verträumter als zwei Tage zuvor. Mit Caroline Cavallo als galaktischem Luftgeist, bar aller Erdenschwere, und Mads Blangstrup als einem James aus dänisch-schottischem Tänzerhochadel und Morten Eggert als seinem handfesten Rivalen Gurn um die Gunst der drallen Effy, alias Maria Bernholdt. Dazu ein Sylphiden-Corps, so zart und fragil und luftgewoben als stammten sie alle aus der königlichen Sylphiden-Manufaktur von Amalienborg.

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