Grupo Corpo Companhia de Dança

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Ludwigsburg, 13/12/2001

Aus der Hüfte kommt ihr Schwung. Und so hüpfen die neunzehn Brasilianer der Grupo Corpo Companhia de Dança über die Bühne des Ludwigsburger Forums, Pingpongbällen gleich, und das Publikum federt in seinen Sitzen mit, bestaunt ihre Elastizität und fragt sich, ob sie mit Kautschuk genährt wurden und möglicherweise eine Sprungfeder an der Stelle haben, wo wir als gewöhnliche Erdenbürger uns mit unserer Wirbelsäule herumplagen.

Erstmals vor zwei Jahren bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen zu Gast, wurden sie jetzt bei ihrer jüngsten Stippvisite wie alte Freunde gefeiert. Ob sie sich nun in ihrem Stück „Bach“ wie Fallschirmspringer aus der Luft auf die Erde gleiten lassen und die herabhängenden Seile dann als eine Art Klettergerüst aus Orgelpfeifen benutzen, oder in „O Corpo“, der jüngsten Kreation ihres Chefchoreografen (und Oberhaupts ihres Familienclans) Rodrigo Pederneiras, vornehmlich am Boden herumwuseln, in ihren hautengen Latexkostümen von Freusa Zechmeister und Fernando Velloso sehen sie aus wie Strichfiguren aus einem Skizzenbuch von Keith Haring, seltsam geschlechtslos und doch ausgesprochen sexy. Schlenkernd, wackelnd, schüttelnd, kickend und pendelnd, dann wieder wie durch die Luft schießende Fische oder auf dem Trockenen sich windende Zitteraale, tanzen sie auf den hochgepeitschten Wogen der Klangfluten, genormte Energiebündel aus der Tanzmanufaktur am Amazonas. Gleich, ob die musikalischen Zulieferer nun Johann Sebastian Bach oder Arnaldo Antunes heißen, iberoafrikanisch durch den Synthesizer aufbereitet, dröhnen und wummern sie vor sich hin und klängen wohl auch nicht viel anders, wenn sie von gregorianischen Mönchen oder Michael Jackson stammten.

Choreografisch macht das ohnehin keinen Unterschied, und so würde es einen nicht wundern, wenn irgendein investigativer Journalist eines Tages entdeckte, dass es sich bei dem Capo dieser Truppe um einen gar nicht so fernen Verwandten von Walt Disney handelt. Jedenfalls zwingen uns die Hüftswinger aus Belo Horizonte dazu, unsere Vorstellungen von brasilianischem Tanz, die ja hierorts im Wesentlichen durch Persönlichkeiten wie Marcia Haydée oder Ismail Ivo geprägt wurden, gründlich zu revidieren.

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