Glänzende Oberflächen

„Das Lackballett“ des Theaters der Klänge im FFT in Düsseldorf

Inspiriert von Oskar Schlemmers letztem, etwas unbekannterem Bühnenwerk von 1941 stellen Jacqueline Fischer und Jörg U. Lensing einen Bühnenabend aus Farben, Formen und viel Video zusammen.

Düsseldorf, 14/01/2019

Das „Bauhaus-Jahr 2019“ hat gerade erst begonnen, das Eröffnungsfestival zu „100 Jahre Bauhaus“ wartet noch auf seinen Startschuss und schon ist in Düsseldorf die erste Auseinandersetzung mit Oskar Schlemmers choreografischem Werk zu sehen. Das Theater der Klänge hat sich unter der choreografischen Leitung von Jacqueline Fischer und der musikalischen Leitung von Jörg U. Lensing einem der unbekannteren Werke des Künstlers gewidmet. 1941 entwarf Schlemmer für das 75-jährige Firmenjubiläum der Farbwerke Herberts in Wuppertal, die ihm in ihrem Labor beruflichen Unterschlupf vor den Nationalsozialisten gewährten, einen circa vierminütigen „Reigen in Lack“. Sechs Frauen der firmeneigenen Gymnastikgruppe präsentierten bei dem Firmenfest Schlemmers aus Glaskugeln und lackierten Kartonstücken bestehende Figurinen zu einer Sarabande von Georg Friedrich Händel. Bis auf einige wenige Skizzen und gestellte Fotografien der Mitwirkenden ist das auch schon alles, was wir heute über dieses letzte Bühnenwerk Schlemmers wissen. Für eine Rekonstruktion sei das wohl zu wenig, befanden Fischer und Lensing und versuchten sich daher an einer zeitgenössischen Annäherung. Wie Schlemmers Ästhetik für heute übersetzen, war dabei die leitende Frage, die letztendlich zum Einsatz interaktiver Live-Videoszenografie und Live-Elektronik führte.

Und doch beginnt alles erst einmal ganz traditionell. Eine große weiße Staffelei füllt die hintere Bühnenwand aus, eine Reminiszenz an Schlemmers eigentliche Profession, die Malerei. Ganz in schwarz treten die sechs TänzerInnen der Kompanie auf und schwingen bunte Tücher. Weich fließen die Stoffe, deren Geräusche von der Live-Elektronik (J. U. Lensing) verstärkt werden. Nach und nach werden die Stoffbewegungen über movement tracking auf die Fläche der Staffelei übertragen und überlagern sich in digitalen Gemälden. Breiten zwei TänzerInnen dann ihre Stoffe als geometrisch angeordnete Farbflächen auf dem Boden aus, wird schon bald deutlich, dass hier ein künstlerischer Entwicklungsprozess nachgezeichnet werden soll. Ausgehend von den Farben, über eindimensionale Formen bilden die dreidimensionalen Kostüme schließlich den Endpunkt eines Schlemmer zugeschriebenen künstlerischen Arbeitsprozesses. Gewürzt wird diese Reise durch Zitate aus Schlemmers Briefen und Tagebüchern. Sind dann alle sechs Figurinen erdacht und konstruiert, bringt Jacqueline Fischer doch noch eine Art Rekonstruktion auf die Bühne, wenn sie ihre sechs TänzerInnen nach den verlangsamten Klängen einer Händel-Sarabande in barocken Formationen über die Bühne schweben lässt.

Das alles wirkt in seiner strikt durchgezogenen Prozesshaftigkeit ein bisschen konstruiert. Erinnern die Videoprojektion noch in Teilen an glänzendes Lack, sind die Bezüge zu dessen Ästhetik und Materialität in der Choreografie kaum vorhanden. So wird „Das Lackballett“ des Theaters der Klänge vielleicht eher zu einem Statement über Kunst allgemein als eine Auseinandersetzung mit dem Bewegungsdenken Oskar Schlemmers.
 

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