„Maldonne“ von Leila Ka

Kleider von Frauen für Frauen

„Maldonne“ von Leila Ka beim Festival „Tanz international“in der Hebelhalle

Schicht um Schicht: Fünf Frauen „entkleiden“, was es bedeutet, eine Frau zu sein.

Heidelberg, 16/11/2025

Eine der vielen kleinen Sensationen der Heidelberger Tanz-Biennale 2023 war die Tatsache, dass Leila Ka hier selbst ihr Solo „Pode Ser“ tanzte. Diese siebzehn Minuten hatten ausgereicht, die französische Choreografin – ursprünglich aus der Hiphop-Szene – international bekannt zu machen. Nun kehrte sie im Festival „Tanz international“ mit dem abendfüllenden Stück „Maldonne“ in die Hebelhalle zurück – und sorgte für Standing Ovations.

Fünf sehr unterschiedliche Frauen vertanzen hier ihr Frau-Sein, festgemacht an Kleidern über Kleidern und einer mal sparsamen, mal explosiven Bewegungssprache. Frauen – das wird hier eindrucksvoll demonstriert – sind eben nicht „entweder – oder“, sondern „sowohl – als auch“: sind demütig und zornig, empathisch und wild, sehnsuchtsvoll und selbstbewusst, voller Hingabe und ganz und gar sich selbst genug. Ganz nebenbei demonstrieren die Fünf dabei die hohe Schule des Ensembletanzes – in wechselnden Konstellationen von unisono bis solo, von durchlaufenden Bewegungsfolgen bis zu eruptiven Ausbrüchen. In braven Blümchenkleidern, die geöffneten Handflächen demütig vor dem Körper ineinandergelegt, fassen sich die Frauen anfangs an den Kopf – aber wie! Getrieben vom eigenen Atem, der sich zu rhythmischen Stoßseufzern steigert, kann man förmlich den Gedanken hinter diesen Stirnen beim Wachsen zusehen.

Kleine Geschichten, große Bilder

Das zweite Bild wird bestimmt von bodenlangen, durchgeknüpften Hemdblusenkleidern im Animal-Print – und aus dem Seufzen wird ein Fauchen, aus dem ergebenen Hinnehmen ein aggressives Fordern. Die gerafften Säume peitschen über den Boden: Wer sich mit diesen Frauen anlegt, muss auf alles gefasst sein – auch auf großes Drama in Tanzkleidern. Das Verlassenheits-Chanson „Je suis malade“ brüllen sie regelrecht mit. Sanft wiegender Tanz in langen schwarzen Tanzkleidern zu „Dance me to the End of Love“ (Leonhard Cohen) macht überdeutlich, dass jede Liebe endlich ist.

Rund 70 Kleider, meist in Second-Hand-Läden zusammengekauft und mit den imaginierten Persönlichkeiten ihrer Trägerinnen verbunden, prägen dieses Stück. Wie Leila Ka daraus kleine Geschichten und große Bilder strickt, mit sicherem Gespür für Timing und Wirkung auf das Publikum, unterstreicht die Entdeckung einer Ausnahmechoreografin. Am Ende stehen die Frauen in weißen Unterkleidern da – bereit für eine ungewisse Zukunft, aber gewiss voller Frauenpower.

 

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern