„Playing with Sergei, Martha and the others“ von Thomas Hauert, Tanz: Company

Spielereien

Dresden Frankfurt Dance Company mit dem Doppelabend „Forsythe/Hauert“ in Hellerau

Glasklare Präzision bei Forsythe, hinreißendes Fließen bei Hauert. Dieser Abend ist ein choreografischer und dramaturgischer Glücksgriff.

Dresden Hellerau, 26/05/2025

Es sei schon einschüchternd, gibt Thomas Hauert mit bescheidenem Lächeln zu. Damit beantwortet er die Frage, wie es denn sei, eine Arbeit für einen Doppelabend zu schaffen, dessen anderer Teil von einem Meister des zeitgenössischen Balletts gestaltet wird, dessen Name seit Jahrzehnten gefühlt nur noch in Großbuchstaben genannt wird. Etwas Eigenständiges neben eine Uraufführung von William Forsythe setzen?! „Viel Spaß beim Scheitern!“, möchte man sagen. 

In Wirklichkeit sieht die Sache aber ganz anders aus. Schon während der Proben hat man deutlich sehen können, wie entspannt und selbstsicher Hauert sein Stück „Playing with Sergei, Martha and the others“ entwickelt. Dabei verlässt er sich augenscheinlich in großen Teilen seinem Bauchgefühl, so organisch fließt seine Dramaturgie selbstständig und kraftstrotzend neben der Rachmaninoffs her. Dessen Klavierkonzert Nr. 3 d-moll op.30 ist die Grundlage für Hauerts Choreografie, in einer Aufnahme des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin aus dem Jahr 1982. Blickt man auf den Namen der Solistin, Martha Angerich, erschließt sich auch der Titel von Hauerts Arbeit.

Und treffender hätte der Titel wirklich nicht sein können. Ein „Playing“ ist es wirklich, ein ausgelassenes Spiel von 11 der Ensemble-Mitglieder, die hier in sichtbarer Freude immer wieder neue Dynamiken miteinander und untereinander entwickeln. Und eben ein Spiel mit der Komposition und deren Interpretation. 

Die beständigen Fokusverschiebungen scheinen sich immer wieder ganz spielerisch an der Dramaturgie Rachmaninoffs auszurichten, ohne in vorgegebene Muster zu verfallen. Die Kommunikation mit der Musik ist völlig organisch. Genauso fließend sind die winzigen, kaum wahrnehmbaren fortwährenden Variationen im Licht. Als würden kleine, unscheinbare Wolken gleichmäßig vor der Sonne dahinwandern.

Ein kurzes Durchatmen

In der Pause zwischen dem 1. und 2. Satz ein kurzes Durchatmen, um danach den Fokus tiefer zu setzen, stärker im Miteinander, weiter in körperliche Verbindungen hinein. Das schafft eine emotionale Tiefe, die in spürbaren Kontrast zu Forsythes „Undertainment“ steht. Gleichzeitig ergänzen sich beide Arbeiten auf wunderbare Weise.

Ganz ohne Musik arbeitet Forsythe hier, nutzt aber, wie man es von ihm schon kennt, andere akustische Quellen, die Rhythmus erzeugen. Das Quietschen der Sneakers, einfache Laute, Atem, trockenes Fingerschnippen, vibrierendes Summen. Das Bewegungsvokabular ist hier nicht so hochgradig komplex, wie man es mit Forsythe assoziiert. Trotzdem erkennt man seine Handschrift an der enormen Präzision, dem betonen jeder Bewegungsfolge mit jeweils einem ganz kurzen Innehalten am Ende. 

„Undertainment“ ist so stark auf die Choreografie fokussiert, dass nichts und niemand von den Soli und Duos ablenkt. Die Tänzerinnen und Tänzer, die jeweils gerade nicht im Fokus stehen, sind deutlich zurückgenommen. Wenn Ido Toledano ein lautes, schrilles Pfeifen beginnt und sich daraus mit Emanuele Piras ein leichtfüßiger Dialog entwickelt, hört man verhalten einige Lacher im Publikum. Für Albernheiten war Forsythe ja schon immer zu begeistern. 

Auch Forsythe lässt das Ensemble spielerisch miteinander umgehen. Die akustischen Signale wirken hier immer wieder wie Auslöser, Signale für neue Bewegungsfolgen, die, ganz im Kontrast zu Hauert, nie in Gewimmel münden. Stattdessen ist alles schlagartig vorbei. Einfach so. 

Die Kombination dieser beiden Arbeiten zu einem Abend ist ein Glücksgriff. Genauso, wie es auch dem Ensemble immer wieder guttut, die Handschriften verschiedener Choreografen auszutesten. Es ist ein Genuss, die Tänzerinnen und Tänzer dadurch auf immer wieder neue Weise in ihrer Individualität kennenzulernen. Mit Hauerts Stück zeigen sie sich aktuell in jedem Fall von ihrer schönsten Seite. 

 

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