„Goldberg-Variationen“ von Heinz Spoerli, Tanz: Arne Vandervelde, Davide Dato, Giorgio Fourés, Ensemble

Reiner Tanz, der nicht inspiriert

„Tabula Rasa“ von Ohad Naharin und Heinz Spoerlis „Goldberg-Variationen“ als Premiere des Wiener Staatsballetts

Das neue Programm des Wiener Staatsballetts mit dem Titel „Goldberg-Variationen“ verbindet zwei Stücke, die nicht unbedingt zusammenpassen. Gemeinsam ist ihnen allerdings eine meditative Zelebration von reinem Tanz.

Wien, 02/05/2023

Knapp 30 Minuten dauert Ohad Naharins „Tabula Rasa“, 1986 für das Pittsburgh Ballet Theatre choreografiert. Zur gleichnamigen Komposition von Arvo Pärt, live gespielt, sehen wir zehn Tänzer*innen in unterschiedlichen Beziehungskonstellationen. Die Choreografie ist eine Mischung aus Kontaktimprovisation, damals en vogue, Ballettvokabular und zeitgenössischem Tanz. Man merkt, dass das Stück für eine Ballettcompagnie kreiert wurde, und von Naharins entwickelter Bewegungsmethode namens Gaga ist noch nichts zu sehen – auch wenn sich im Programmheft ein langer Text dazu findet. Die Tänzer*innen in Alltagskleidung (Kostüme von Eri Nakamura) wirken großteils uninspiriert und ohne Präsenz. Warum genau dieses Stück Naharins ausgewählt wurde, erschließt sich an diesem Abend nicht. Auch ist unklar, warum Heinz Spoerlis „Goldberg-Variationen“ überhaupt ein Stück vorangestellt werden musste. Üblicherweise werden diese alleine gezeigt. An der Dauer von 80 Minuten kann es nicht liegen, denn auch der Opernabend „Von der Liebe Tod“ dauert nur 90 Minuten.

Im zweiten Teil dann Heinz Spoerlis „Goldberg-Variationen“, die den reinen Tanz, inspiriert von der Musik, feiern. Auch hier fehlt einem die für so ein Stück wichtige Energie der Tänzer*innen. Ebenso sieht man, dass das Niveau des Ensembles leider weiterhin im Sinken begriffen ist, wenn selbst einfachste Balancen nicht mehr ohne kollektives Wackeln ausgeführt werden können. Wieder stehen Begegnungen in Pas de deux oder trois im Mittelpunkt. In der neoklassischen Choreografie, die Tänzerinnen tragen alle Spitzenschuhe, erkennt man oftmals Referenzen an Hans van Manen und George Balanchine. William Youn spielt live, wobei man öfters das Gefühl hat, dass er sich zu oft an die Tänzer*innen anpasst.

Die bunten Ganzkörpertrikots (verantwortet von Spoerli), die eine androgyne Gleichheit entstehen lassen aber die Körper stauchen, sorgen ebenso wie farbige Bühnenprospekte, die auf und ab fahren, etwas für Abwechslung. Gut getanzt kann diese Choreografie sicherlich eine meditative Sogwirkung entfalten. Diese wird aber auch dadurch verhindert, dass ein Teil des Publikums nicht erkennt, dass das Stück in einem durchgehen sollte sondern nach jeder Variation klatscht. Vielleicht liegt das auch daran, dass man mit Kartenaktionen wieder das Haus gefüllt hat. Alles in allem ein Abend, der leider mehr langweilt als inspiriert und vom tänzerischen her nicht dem Niveau eines Staatsballetts gerecht wird.

 

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