Liquid Loft / Chris Haring: „Modern Chimeras “

Verwirrung der Wahrnehmung

Mischwesen stehen im Mittelpunkt von Chris Harings „Modern Chimeras“.

Das Stück, das streckenweise wie eine performative Installation wirkt, zieht nur teilweise in seinen Bann.

Wien, 31/07/2022

Unzählige Kleidungsstücke liegen auf dem weißen Bühnenboden verstreut, in der Mitte ist es gar ein ganzer Berg. Am Anfang wird die Bühne von den Tänzer*innen aufgeräumt: In koordinierter Abfolge werden die Kleidungsstücke auf die Seite gebracht. Im Laufe des Abends werden diese alle zum Einsatz kommen. Unter dem Kleiderberg finden sich auch textile Skulpturen – eine Requisitenspende des Künstler*innenduos Jakob Lena Knerl und Hans Scheirl – die ebenso Verwendung finden werden.

In „Modern Chimeras“ des Wiener Choreographen Chris Haring und seiner Kompanie Liquid Loft steht – wie der Titel schon verrät – die mythologische Figur des Mischwesens im Mittelpunkt. Mit einfachen Mitteln verwandeln sich die sieben Tänzer*innen immer wieder in diese. Sie verwenden dazu die unterschiedlichsten Kleidungsstücke sowie Stoffbahnen, in die sie sich alleine oder zu mehreren einhüllen. So entstehen spannende Kreaturen, die in Posen verharren oder sich ständig verändern und über die Bühne bewegen.

Viele Outfitwechsel tragen dazu bei, dass man sich am Ende nicht mehr ganz sicher ist, wie viele Tänzer*innen man auf der Bühne gesehen hat. Immer wieder betreten andere Figuren die Bühne. Bei den Kostümen von Stefan Röhrle dominieren braun, schwarz, Tiger- und Leopardenprint, manches glitzert auch. Im Verlauf des Abends denkt man an Raubkatzen, nicht nur wegen der Kostüme sondern auch, weil die Tänzer*innen immer wieder einmal raubtierhaft auf allen vieren über die Bühne schleichen.

Zwischen den Verwandlungen in Chimären finden auch kurze Tanzsequenzen statt. Hier sind die Tänzer*innen in ihrem Element, beeindrucken mit Synchronizität. Musikalisch – Sounddesign und Komposition stammen von Andreas Berger – hört man dazu Rockiges, Oldies und an Filmmusik Erinnerndes. Der Zweck der verwendeten Filmausschnitte wird nicht ganz klar – auch, weil manche akustisch schwer verständlich sind. Es wirkt teilweise so, wie wenn ein Fernseher im Nebenzimmer zu laut aufgedreht ist, das Bild dazu fehlt.

Das einstündige Stück scheint bis ins kleinste Detail durchinszeniert und doch springt der Funke nicht ins Publikum über. Mit der Zeit wirkt dieses gelangweilt, manche verlassen auch den Zuschauerraum – bei einigen könnte das allerdings dem dicht getakteten Programmkalender geschuldet sein, denn die nächste Performance in einem anderen Theater beginnt in Kürze. Der Nachteil, wenn mit fast fünfzehnminütiger Verspätung begonnen wird. Am Ende eher verhaltener Applaus für diese Uraufführung im Rahmen von ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival.

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