Let’s Celebrate Being Together

In Düsseldorf ist die Tanzmesse eröffnet

Warme Worte und kalte Performance: „6.58: MANIFESTO“ von Andrea Peña & Artists im Düsseldorfer Capitol Theater

Düsseldorf, 01/09/2022

Man könnte meinen, es wäre nichts gewesen: Die letzten Sonnenstrahlen des Augusts taugten zum gnädigen Hintergrund für die tanzbegeisterten Massen, die zur Eröffnung der diesjährigen internationalen tanzmesse nrw im Düsseldorfer tanzhaus und dem Capitol-Theater beglückt waren „wie in alten Zeiten“. Es gibt so vieles, das wir am liebsten vergessen möchten.

Trotzdem machten die eröffnenden Worte von Heike Lehmke, Geschäftsführerin des nrw landesbüro tanz, klar, dass wir alle noch eine Weile an den Nachwirkungen der letzten zwei Jahre zu kauen haben werden. Die Pandemie sei für Künstler*innen und Kreative besonders schwer gewesen, so Lehmke. Das wissen wir. Aber wer lässt sich schon gern unterkriegen. Augen zu und durch. Alles wird besser. Oder wenigstens wieder gut. Dafür sorgen will auch die neue organisatorische Ausrichtung der Tanzmesse. Mit Isa Köhler und Katharina Kucher gibt es jetzt eine Co-Leitung, an deren Seite ein bunt zusammengewürfeltes vierköpfiges Jury-Team steht. Frischen Wind soll die neue Konstellation bringen.

Frischen Wind brachte auch die lockere Ansprache von Ina Brandes, die als Kulturministerin des Landes Nordrhein-Westfalen gerade mal zwei Monate im Amt ist. Mit Schwung und Elan gab sie sich zuversichtlich und sicherte der Tanz-Szene die nötige Unterstützung zu, um sicher zu gehen, alle könnten „do what you love to do as well as you can“. Dieser Rückhalt tut gut, ist es doch aktuell nicht gerade ein Kinderspiel, das Publikum nach einer langen Phase des auferzwungenen Couchings in die Häuser zurück zu locken. In diese Richtung blickt auch Lehmke, die dazu aufrief, einfach zu machen, raus zu gehen und „let’s celebrate being together“.

Die eröffnende Performance von Andrea Peña & Artists nahm dem Auftakt wieder etwas den Wind aus den Segeln. „6.58: MANIFESTO“ kam stellvertretend für einen Kanada-Schwerpunkt auf die Bühne, verzettelte sich aber leicht in der Dramaturgie. Dabei ist der Einstieg tatsächlich bemerkenswert: In einer kalten Atmosphäre aus grauen Wänden und gefühlslosem Neonlicht werden acht Tänzer*innen durch Anweisungen einer weiblichen Stimme aus dem Off Zahlencodes vermittelt, die sich zu mechanisch-repetetiven, übersichtlichen Bewegungsabfolgen veranlassen. Und alles hübsch koordiniert innerhalb eines Koordinatensystems neongrüner Linien am Boden. Der Computer hat die Kontrolle. Man tut, wie einem geheißen.

Ein zweiter Teil fügt sich als Bruch an, wenn die „Probenkostüme“ abgelegt werden und transparente Latexhosen fast einen Einheitslook schaffen, in dem sich die Meute zu drögen Techno-Beats die Seele aus dem Leib zappelt, die eigentlich keiner der Beteiligten in sich trägt. Haben sich einzelne Performer*innen im ersten Teil noch für einen Moment gegenseitig wahrgenommen, erkannt, wird ein eventueller Prozess der „Menschwerdung“ jetzt nicht weitergeführt. Zwar ist auf der Oberfläche in einer Lichtstimmung in türkis so etwas wie Sinnlichkeit wahrnehmbar, aber zum Individuum fehlen einige Teile. 

Im dritten Teil wird dem Publikum noch einmal viel abverlangt. Mal sehen, wie es bis Samstag im Programm weitergeht.
 

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