Eine richtig fröhliche Gala

Deutscher Tanzpreis an Peter Breuer, Elisa Badenes und Ricardo Fernando

Vergeben wurden die drei Deutschen Tanzpreise diesmal an Peter Breuer für sein Lebenswerk als Tänzer und Choreograf, an Stuttgarts 1. Solistin Elisa Badenes für ihre in der Tat phänomenale Technik, Ausstrahlung und Vielseitigkeit und für Hagens Ballettchef Ricardo Fernando als nimmermüden Streiter für den Erhalt der Sparte Tanz auch an kleineren Theatern.

Essen, 30/03/2015

Es waren schon besondere Momente, alte Videos von dem grandiosen Tänzer Peter Breuer über die Bühne flimmern zu sehen. Bis 1988 war er in Düsseldorf engagiert. Nun ist er seit 24 Jahren am Landestheater Salzburg Ballettchef und choreografiert auch andernorts – wie etwa in Karlsruhe seinen „Siegfried“. So lag es nahe, dass nach Ausschnitten aus seiner „American Rhapsody“ und dem „Boléro“ (mit dem Salzburg Ballett), dem Duett „Fatum“ (Yoshito Kinoshita, Patric Palkens), und einer Szene aus „Siegfried“ (mit den Karlsruher Stars Bruna Andrade und Bledi Bejleri) Birgit Keil als Laudatorin auftrat. Wie im heimischen Wohnzimmer unter Freunden plauderte sie in sehr persönlicher, überaus charmanter Weise über den Kollegen.

Ein Hauch von Weltklasse wehte auch durch das Haus bei den Auftritten der jungen Spanierin Elisa Badenes, einer der jüngsten 1. Solistinnen des Stuttgarter Balletts. Sie wurde mit dem Tanzpreis „Zukunft“ geehrt und dankte mit zwei Kostproben ihrer stupenden Technik, Ausstrahlung und Wandlungsfähigkeit in einem Pas de deux aus John Crankos „Der Widerspenstigen Zähmung“ (mit Daniel Camargo) und der Uraufführung des eigens für diesen Anlass entstandenen, thematisch herrlich passenden Solos „Limelight“ (Im Rampenlicht) ihrer Kollegin, der Stuttgarter Halbsolistin und Nachwuchschoreografin, Katarzyna Kozielska. Für den erkrankten Reid Anderson hielt Produktionsleiter Krzysztof Nowogrodzki eine geschliffene, flammende Laudatio.

„Für sein unerschöpfliches künstlerisches und soziales Engagement auf dem Gebiet des Tanzes sprechen wir Ricardo Fernando unsere höchste Anerkennung aus“ heißt es in der Ehrenurkunde für den Anerkennungspreis zum Deutschen Tanzpreis 2015 an Hagens Ballettdirektor Ricardo Fernando. Der Brasilianer habe trotz „mitunter problematischster Rahmenbedingungen und der permanenten Bedrohung durch Einsparungen .... als Ballettdirektor und Choreograf stets für sein Ensemble, das Theater Hagen und die Tanzkunst gekämpft“, heißt es weiter. Er stehe „damit für alle Tanzschaffenden, die im Kleinen Großes er- und bewirken“. Hagens Intendant Norbert Hilchenbach bezeichnete Fernando, der mit Ehefrau Carla Silva in der elften Saison in Hagen engagiert ist, in seiner Laudatio als „Menschenfänger und -kenner“. Er lösche Brände, räume auf und baue auf. Es falle leicht, ihm zu vertrauen, weil er kein Traumtänzer sei, sondern loyaler Realist und erfahrener Handwerker. Ausschnitte aus Fernandos Choreografien „Bach tanzt“ und „Le Sacre du Printemps“ stellten die bemerkenswerte Qualität und Ausstrahlung seiner zwölf-köpfigen Truppe unter Beweis. Mit seinem temperamentvoll vorgetragenen, witzigen Dank riss Ricardo Fernando das festliche Gala-Publikum im Aalto-Theater zu Lachstürmen und minutenlangem Applaus hin.

Überhaupt war es eine der fröhlichsten Galas, deren Charme in der familiären Atmosphäre bei aller Festlichkeit liegt. Für die Einstimmung in den Festakt sorgten erfreulich kurze Begrüßungen durch Jaš Otrin, den Ersten Vorsitzenden des organisierenden Fördervereins Tanzkunst Deutschland, und den Bürgermeister der Stadt Essen, Franz-Josef Britz. Ein Willkommen tanzte das Aalto Ballett Essen mit Ausschnitten aus Ben Van Cauwenberghs „Romeo und Julia“. Die Ankündigung der Verleihung des 33. Deutschen Tanzpreises am 5. März 2016 gab Otrin dem Publikum als Bonbon mit auf den Heimweg.

Kommentar

Vor 40 Jahren wurde der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik gegründet. 1983 hievte der Erste Vorsitzende Ulrich Roehm ihn mit der Auslobung des Deutschen Tanzpreises ins öffentliche Bewusstsein. Zwar taugte die Gala zur Preisverleihung noch nie als Seismograph für brandaktuelle Tanztrends, wollte sie doch ursprünglich vornehmlich pädagogische Ausnahmeleistungen auszeichnen und favorisiert bis heute das Ballett. Man erinnert sich: Gret Palucca und Tatjana Gsovsky – Legenden aus Deutschland Ost und West – waren die ersten Preisträgerinnen! Immerhin aber setzte und setzt die Gala doch ein weithin wahrnehmbares Ausrufungszeichen für Spitzenleistungen in der deutschen Tanzszene. Auch ist es ja nicht schlecht, einem Künstler für sein Lebenswerk Dank zu sagen oder eine bereits arrivierte junge Ausnahmeballerina zu feiern. Aber liegt dort die Zukunft dieses „Events“ im international immer mehr gelobten „Tanzland Deutschland“? In die richtige Richtung weist die Idee des seit zehn Jahren federführenden Fördervereins Tanzkunst Deutschland, zusätzlich zum undotierten „Deutschen Tanzpreis“ einen (sehr bescheiden dotierten) „Tanzpreis Zukunft“ für Nachwuchstänzer und einen „Anerkennungspreis“ auszuloben für Persönlichkeiten, die „den Spagat zwischen Politik und Kunst“ in Sachen Tanz schaffen. Das war höchste Zeit. So begeisternd und unterhaltsam die vierstündige Gala verlief, für die Zukunft dieser vollmundig von manchen als deutscher „Tanz-Oscar“ oder gar „Tanz-Nobelpreis“ apostrophierte Auszeichnung wären mehr Mut, deutlicherer Fokus und Zukunftsvisionen angesagt.

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