Zimt-Parfait à la Brasilienne

Das Balé da Cidade de Sao Paulo bei den Festspielen im Theater im Pfalzbau

Ludwigshafen, 29/10/2011

Besser könnte der Einstieg in den Tanz innerhalb der 7. Festspiele Ludwigshafen im Theater im Pfalzbau nicht sein: begeistert feiert das Publikum das Balé da Cidade de Sao Paulo. Der dreiteilige Abend des jugendlich-stürmischen Ensembles scheint zu munden, ist er einer Menüfolge nicht unähnlich.

Vielfältig, teils von überbordender Kreativität ist die 45-minütige Vorspeisenplatte, angerichtet von Susana Yamauchi. „Coisas que ajudam a viver“ (Dinge, die helfen zu leben) sind choreografierte Miniaturen, die Chronologie eines Lebens auf der Suche nach Glücksmomenten. Dabei greift die Choreografin mit asiatischen Vorfahren einerseits auf den Fundus des japanischen Theaters, lässt ausladende Szenen für einen fotografischen Moment erstarren, wie das Mie im Kabuki-Theater. Andererseits nutzt sie die unbändige Tanz- und Lebenslust der 25-köpfigen Tänzerschar, die ihre Gefühle von Neugier und Freude, von Angst und Trauer - zur leider etwas lärmigen Musikcollage (Ed Cortes) und dem etwas zerfledderten Licht (Sergio Funari) - in immer neuen Konstellationen gießen.

„Paare die Walzer tanzen, durch eine Nebelwolke kaum wahrnehmbar“, schreibt Maurice Ravel 1919 im Vorwort zu „La Valse“, seinem Tanzgedicht, das gleichermaßen eine Hommage an den Walzerkönig Strauß als auch ein Kommentar zur Walzermanie des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist. Die Tanzsprache des Choreografen (und ehemaligen künstlerischen Leiters der Compagnie) Luiz Arrieta ist elegant, reif und ausformuliert. Vier Paare in schwarzer Abendkleidung - wovon meist nur eines tanzt, während die anderen einem Foto gleich verharren - servieren auf leerer Bühne eine Melange aus Tango, Ballett und Gesellschaftstanz, mit atemberaubenden Hebungen, quirligen Drehungen und frechen Aperçus: legt er seine Hand auf ihre Brust, greift sie ihm kurz mal in den Schritt. Michael Jackson lässt grüßen. Warum Arrieta allerdings ein Arrangement für zwei Klaviere, eingespielt von Marta Argerich und Nelson Freire, wählt, wird nicht sinnfällig, da es gegenüber der rauschhaften Opulenz der originalen Orchestrierung arg spröde klingt. Raffiniert hingegen das Licht, helle Duschen und Verfolger, mit einem fast unsichtbaren Fliederton, der unterhalb der Gürtellinie nur die Beine der Damen lila schimmern lässt.

Technisch versiert und voll Hingabe tanzt das Ensemble „Canela Fina“ (feiner Zimt). Das preisgekrönte und mehrfach besprochene Stück in Haut- und Zimtfarben des katalanischen Choreografen Cayetano Soto zur post-minimalistischen Komposition „Weather I“ des amerikanischen Musikers Michael Gordon ist ein wunderbare erfrischender Abschluss, quasi 22 Minuten Zimt-Parfait à la Brasilienne, einfach köstlich.

www.theater-im-pfalzbau.de

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