Nicht beeindruckt und ganz und gar nicht amüsiert

William Forsythes „Impressing the Czar“ vom Königlichen Flandern-Ballett beim 50 Jahre Stuttgarter Ballett-Festival

oe
Stuttgart, 20/02/2011

Ich bin zwar nicht der Zar – lediglich, dass ich manchmal ironisch als Papst (des Balletts) adressiert werde –, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der wirkliche Zar je von William Forsythes „Impressing the Czar“ beeindruckt gewesen wäre, denn dazu war er ein viel zu großer Liebhaber (in jeder Beziehung) des Balletts. Ich jedenfalls war es schon bei der Premiere 1988 in Frankfurt nicht, und ich war es jetzt nicht beim Gastspiel des Flandern-Balletts im Rahmen des Stuttgarter 50 Jahre Cranko Festivals.

Aber dazu muss ich zugeben, dass ich für amerikanische wie für britische Slapstick-Komik nicht viel übrig habe, und schon gar nicht für das ewige Gequassel auf der Bühne, und von beiden gibt es in den beiden Rahmen-Teilen des Abendfüllers mehr als genug. So, dass meine Reaktion war: Gott sei Dank, dass es seinerzeit nicht zur angekündigten Ernennung Forsythes zum Stuttgarter Hauschoreografen gekommen ist. Denn wäre sie erfolgt und er Chefchoreograf des Stuttgarter Balletts geworden und hätte sich weiter so entwickelt wie seither in Frankfurt und Dresden/Hellerau, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir in diesen Tagen das Festival 50 Jahre Stuttgarter Ballett feiern würden – da hätte wohl das Publikum nicht mitgemacht!

Das hindert mich indessen nicht, das Mittelstück „In the Middle, Somewhat Elevated“ in seiner bestechenden Klarheit und fabelhaften Musikalität (obgleich mir die Musik von Thom Willems ein Graus ist) großartig zu finden – und hier auch die neun Tänzer gebührend zu bewundern (ohne dass ich ihnen absprechen würde, auch die beiden anderen Stücke mit hundertfünfzigprozentigem Engagement zu tanzen). Die drei anderen Ballette (eigentlich sind es ja vier, denn der dritte Teil nach der zweiten Pause ist ja nochmals dreifach unterteilt), erscheinen mir jedenfalls als Kultstücke einer Trash-Kultur – die Reaktion des Balletts auf die sogenannte Slam Poetry, und für die bin ich offenbar zu alt, um ihr gerecht zu werden.

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