„Ist es jetzt vorbei oder kommt noch was?

VA Wölfl und Neuer Tanz mit „Short Cuts/Short Cats Frankfurt Version“ im Künstlerhaus Mousonturm

Frankfurt, 05/12/2011

Wenn VA Wölfl in einem Interview sagt, dass er etwas falsch gemacht hat, wenn die Leute bestimmt Stücke von ihm mögen und zahlreich hingehen, dann hat er dieses Mal wohl alles richtig gemacht. „Short Cuts/Short Cats“ wurde am Wochenende im Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt gezeigt, wo Wölfl und seine Gruppe seit Jahren regelmäßig zu Gast ist. Allerdings ist schwerlich auszumachen, worin sich die Frankfurt Version von der Düsseldorfer unterscheidet (Bericht Klaus Keil am 23.11.). In einer Nicht-Premierenvorstellung befinden sich in der Regel weniger Kenner und Fans einer Gruppe aus der freien Szene, dennoch war die Schreiberin dieser Zeilen verwundert wie viele der Zuschauer vorzeitig gingen. Einige kicherten ratlos, einer summte ein Liedchen vor sich hin in der ansonsten durch Geräusch- und Lichtarmut gekennzeichneten Situation. Das auf sich selbst Zurückgeworfensein, das gleichzeitig entspannt und doch aufnahmebereit für Neues zu sein, wird offenbar als unangenehm erlebt in unserer schnelllebigen Event-Kultur.

Und es wird ein Clash der Kulturen präsentiert: E-Gitarren interpretieren Arnold Schönbergs „Erwartung“, Menschen im Businessdress zielen mit Gewehren in die Luft, um später mit Cowboy-Hüten auf dem Kopf in Slow Motion zu verfallen. Den Einstieg machen 32 Gewehre auf sich drehenden Scheiben auf dem Boden, dann kommt eine Schöne hochhackig im Etui-Kleid daher gestakst um zum Gitarren-Plingpling „I can’t get no...“ ins Mikrofon zu hauchen. Die Wettbewerbs-Vorspielsituation dominiert dann auch beim Dirigat des Schönberg-Stücks mit diversen schwarzen E-Gitarren und -Bässen. Alle Musiker inklusive des Dirigenten beweisen angemessene Ernsthaftigkeit bei der Interpretation dieses inhaltsschweren Stücks Neuer Musik. Wirklich zum Schießen komisch.

Dann scheint ihnen die Lust zu vergehen, sie stellen die E-Gitarren vor die Verstärkerboxen und lösen damit eine durch Rückkopplung bedingte kreischende Kakophonie aus. Die wiederum schlagartig beendet wird durch das Abschalten der Stromzufuhr, auch das Licht wird von gleißend kalt auf kaum noch erkennbar heruntergefahren. Nun folgt für etwa 40 Minuten Stille. Nur das Schleifen der Schuhe auf dem Boden ist hin und wieder zu hören, wenn die sechs männlichen und drei weiblichen Performer in Slow Motion ihre Stellung variieren. Anfangs bewegen sich alle gleich, im Stehen und parallel, scheinen mit ihren Cowboy-Hüten entsprechende Cowboy-Posen zu erproben.

Erst als zwei Frauen (sic!) auf zwei Männer zugehen, scheint so etwas wie Interaktion zu entstehen, kommt die Ahnung einer Geschichte auf. Schließlich heißt das Stück ja „Short cuts“ und erinnert damit an den preisgekrönten gleichnamigen Film von Robert Altman (1993) mit parallelen Erzählungen ohne Bezug aufeinander. Am Ende umkreisen sich auf der Bühne zwei Männer, entfernen sich rückwärts gehend voneinander und sinken dann in die Knie. High Noon lässt grüßen. Plötzlich stehen alle Darsteller auf, nicken dreimal mit dem Kopf Richtung Publikum und verlassen den Raum. Und kommen nicht wieder. Einige Zuschauer klatschen sofort, andere schauen nur irritiert. „Ist es jetzt vorbei oder kommt noch was?“ lautet die meist gestellte Frage.

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