„Bodies in urban spaces“
„Bodies in urban spaces“

Hey, was geht?

Willi Dorners „Bodies in urban spaces“ verunsichern Heilbronn

Heilbronn, 31/05/2011

„Papa, guck mal, der Typ hat ’nen rosa Kapuzenpulli an!“ Rosa für einen Mann? Für den Steppke geht das gar nicht, aber ein Hingucker sind die Tänzer und Turner allemal, die in knallbunten Trainingshosen, Kapuzenpullis und griffigen Sportschuhen durch die Heilbronner Innenstadt tollen. Quer zum samstäglichen Einkaufstrott meditiert einer kopfüber hängend an einer Ampel, andere zwängen sich in architektonische Lücken, schichten ihre Körper in Nischen, quetschen sich in leer stehende Vitrinen. Mal balancieren Galionsfiguren an Vorsprüngen in schwindelnder Höhe, mal drängen sich mehrere, dicht an dicht kauernd, in der Einfriedung eines Baumes.

Willi Dorner, österreichischer Choreograf und Filmemacher, hat das Konzept „Bodies in urban spaces“ entwickelt und weltweit in vielen Städten durchgeführt. Für den Parcours im Rahmen des dritten Festivals „Tanz! Heilbronn" hat der Wiener 21 Tänzer gecastet, um sie in nur fünf Probentagen für 34 Stationen fit zu machen. „Man darf nicht vergessen, wie stark die architektonische, räumliche Infrastruktur in der Umgebung, in der wir leben und handeln, unsere Bewegungsvorgaben impliziert und vorgibt, die verinnerlicht und habitualisiert werden“, sagt der Wiener, der an sozialen, ökonomischen und politischen Aspekten des Raums interessiert ist.

Die Mischung von normiertem Alltag und grenzüberschreitender Inszenierung macht den Reiz dieses Happenings aus. Als lebendige Skulptur plus eine Prise Ninja inklusiv blitzschneller Ortswechsel wird der inszenierte Parcours von einem eingeweihten Publikumstross verfolgt, der sich vermehrt, wie beim Rattenfänger von Hameln. Ständig neue Situationen und Perspektiven schärfen Blick und Aufmerksamkeit, beispielsweise beim Überqueren von Straßen. Werden die Momente des Aufbaus dem geführten Publikum bewusst vorenthalten, entstehen bei der Auflösung tänzerisch reizvolle Aspekte. Einen zusätzlichen Kick liefern ahnungslose Passanten, die mit „Hey, was geht?“ eine ebenso irritierte wie amüsierte Kulisse abgeben.

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