„Dance“ von Lucinda Childs als Eröffnungspremiere bei Tanz in August in Berlin.

„Dance“ von Lucinda Childs als Eröffnungspremiere bei Tanz in August in Berlin.

Da geht der Himmel auf

Die Lucinda Childs Dance Company eröffnet mit „Dance“ das Festival Tanz im August

Berlin, 16/08/2011

Auch in Berlin ist der August verregnet. Vorwiegend grau ist der Himmel über Berlin am Eröffnungswochenende des großen Tanzfestivals, nunmehr im 22. Jahrgang. Am Abend aber geht im ehemaligen Hebbel-Theater - an die Bezeichnung „HAU Eins“ möchte ich mich nicht gewöhnen - der Himmel auf. Über 30 Jahre alt ist die Choreografie „Dance“ von Lucinda Childs aus New York zur minimalistischen Musik von Philip Glass. Musik und Tanz entwickeln auf höchst sinnliche Weise ein mächtige Sogwirkung, und das Publikum lässt sich mitnehmen auf diesem Weg in das temporäre Glücksempfinden einer tranceartigen Situation, die scheinbar „nur“ aus einer grandiosen Abfolge scheinbarer Wiederholungen besteht. Mit zehn Tänzerinnen und Tänzern hat Lucinda Childs ihre Choreografie aus dem Jahre 1979 rekonstruiert und lässt aus einem Film von Sol Le-Witt immer wieder Sequenzen der originalen Arbeit in schwarz-weiß auf eine feine durchsichtige Gaze vor der Bühne projizieren. Ganz nebenbei kann man hier geradezu exemplarisch bewundern, wie Projektionen sinnvoll zum Einsatz kommen.

Die dreiteilige Choreografie, zunächst vornehmlich paarweise jeweils parallel von links nach rechts durch den Raum geführt, lässt einen solistischen Teil folgen und zeigt schließlich wieder alle zehn Tänzerinnen und Tänzer einheitlich weiß und kaum unterscheidbar gekleidet in stärkeren Korrespondenzen untereinander, eigentlich aber auch hier die faszinierenden Abbilder von bewegten Momenten, einsam im Glück.

Das alles in frappierendem Tempo, mit kleinen Sprungvarianten, Drehungen, knapp über dem Boden, dazu elegante, fließend geführte Linien der Arme, und immer wieder kaum merkliche aber umso stärker empfundene, behutsame Veränderungen. Und immer wieder, mal stärker, mal weniger ausgeführte, Korrespondenzen mit den Tänzerinnen und Tänzern der Uraufführung, die mal übergroß, dann in gleicher Größe oder auch mal in spannender Verfremdung über den Protagonisten von heute in den Filmaufnahmen tanzen. Und, das ist so spannend zu sehen, sie tanzen anders, können die unbedingte Exaktheit mit charmanter Lässigkeit verbinden und treten so in einen imaginären Dialog mit ihren technisch versierten Kollegen von heute und teilen mit ihren jene grandiose Tanzlust, die es möglich macht in den auferlegten Grenzen des postmodernen Minimalismus unheimlich viel von der Weite des puren Tanzes zu vermitteln. Mit dieser Eröffnung des Festivals haben die Kuratoren ein hohes Maß vorgegeben, bis zum 21. August folgen noch über 20 Gastspiele, flankiert von einem weit gefächerten Rahmenprogramm, Publikumsgesprächen, kommunikativen Angeboten und einer Tanzfilmnacht.

www.tanzimaugust.de

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