Visuelles Körpertheater mit Stelzen

„Schwarzmarkt“ von Alex Mello im Rahmen der Interkulturellen Woche 2009

Köln, 02/12/2009

„Hast Du die Sonne gesehen?“ Nur Kopfschütteln erntet der Stelzenmann vom Publikum. Also begibt sich der Performer in seinem farbenprächtigen Kostüm selbst auf die Suche, denn wo Sonne ist, ist Wärme, ist Heimat. Und die vermisst man in der Fremde am meisten. Wie ein riesiger exotischer Falter wirkt Alex Mello auf seinen Stelzen und den ausladenden Flügeln.

Exotik und Realität der Fremde verbindet der Kölner Brasilianer in „Schwarzmarkt“, einer Sprach- und Körperperformance zum Thema Migration, die in der Bühne der Kulturen in Köln-Ehrenfeld im Rahmen der Interkulturellen Woche aufgeführt wurde. Unter dem Motto „Misch mit“ waren hier beheimatete Künstler und Kulturen aufgefordert, sich den Kölnern vorzustellen.

„Ein Fremder bin ich in dieser Welt“, rezitiert Mello und sucht zur Lösung des Rätsels „Fremdheit“ Inspiration bei Poeten wie Fernando Pessoa und Gibran Kahlil Gibran, aus deren wunderbaren poetischen Texten er vorträgt. Alex Mello versteht es, Schmerz und Liebe zur Heimat in seinen Szenen zu verbinden. Mit einem goldenen Käfig über dem Kopf rezitiert er: „Patria mia, mein Vaterland hat keine Socken, keine Schuhe.“ Der ausgestreckte Zeigefinger wird durch Aufstellen des Daumens zur Waffe und symbolisiert so Straßengewalt. Die Früchte auf der kleinen Eisenbahn können ebenso koloniale wie neokapitalistische Ausbeutung andeuten. Ein Dialog mit einer Ananas über Sein oder Nicht-Sein führt zurück ins Unterhaltende.

Mellos bewegungstheatraler Streifzug durch die Erinnerung an seine Heimat oszilliert von melancholisch bis euphorisch, von komisch bis poetisch. Manchmal sind die Übergänge von einer zur anderen Szene etwas holprig, doch der nächste poetische Moment lässt das vergessen. Von den afrikanischen Vokalgesängen der Sklaven bis hin zum Leben in der neuen Fremde: Mellos Streifzug durch die Erinnerung zeigt, wie schwer es ist, in einer fremden Gesellschaft anzukommen.

Quelle: aKT8, Dezember ´09, Die Kölner Theaterzeitung

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