Sylphiden und Schotten im Flügelschlag

Matinee 2009 der Palucca Schule Dresden – Hochschule für Tanz in der Semperoper

Dresden, 06/07/2009

Dass die Palucca Schule Dresden – Hochschule für Tanz mit ihrer Matinee justament in der Semperoper zu Gast ist, hat es schon ein paar Jährchen nicht mehr gegeben. Wobei das Schauspielhaus natürlich auch ein recht repräsentativer Ort ist. Doch 2009 hat es nun mit dem Opernhaus wieder geklappt, und die Zuschauer sind reichlich sowie mit großen Erwartungen gekommen. Die auch, zumindest, was die Qualität der jungen Tänzer betrifft, keinesfalls enttäuscht wurden. Über die Programmgestaltung allerdings lässt es sich immer wieder aufs Neue diskutieren, und da geht mit seinen mehrteiligen Abenden das quasi gastgebende Dresden SemperOper Ballett nicht gerade als leuchtendes Beispiel voran.
Es muss ja keinesfalls kunterbunt und schon gar nicht für jeden etwas dabei sein, aber ein wenig mehr Abwechslung in Dynamik und Lichtstimmung wäre auch nicht so schlecht gewesen. Zumal die Anzahl der Beiträge zwar weniger als bislang ausuferte, dafür aber die Stücklängen den Rahmen voll ausgeschöpft haben. Da hätte der Auftritt der Studierenden des D.A.N.C.E.-Programmes eben doch eine gesonderte Vorstellung gebraucht. Über dieses Thema aber muss man nicht mehr diskutieren; die hervorragenden jungen Tänzer haben sich mit der Vorstellung nach zwei Jahren von Dresden verabschiedet, das europäische Förderprogramm ist damit abgeschlossen. Nachfolgende Masterstudiengänge aber sollten unbedingt mehr und eigene Auftrittsmöglichkeiten erhalten – auch im Interesse des Dresdner Publikums.

So ist es ein Abschied von den D.A.N.C.E.-Studierenden, und ihre besonderen Qualitäten haben sie in „Hypothetical Stream II“ auch bestens zur Geltung bringen können. Die Uraufführung des Stückes fand 1997 mit dem damaligen Frankfurt Ballett statt, und William Forsythe zeichnete für die Choreografie gemeinsam mit neun Tänzern verantwortlich. Kein Wunder also, dass nun in Dresden mit diesem Werk vertraute Forsythe-Tänzer die Einstudierung übernommen haben, darunter allein vier, die als Co-Choreografen bei der Uraufführung dabei waren. Solch individuelle Erarbeitung ist wahrhaft kostbar und wohl auch einmalig, und sie trägt sichtbar schönste Früchte.

Eine sympathische Entscheidung der Hochschule ist, dass mit Steffen Fuchs ein Choreografieabsolvent der Palucca Schule für den „Flügel“-Auftakt der Matinee sorgen durfte. Der erfahrene Tänzer – er gehörte dem Ballett Leipzig an, bevor er die Ausbildung in Dresden begann – hat als „Hommage an das romantische Ballett“ sowie in Zusammenarbeit mit Dozenten und Studierenden des Grundstudiums (G2) die Möglichkeit heraufbeschworen, dass Sylphiden auf Schotten treffen könnten. Herausgekommen sind dabei zwangsläufig Irrungen und Wirrungen. Dass Steffen Fuchs bei allem Spaß auch noch halbwegs ernst bleibt, ist seine Stärke, selbst wenn man sich zuweilen das Thema etwas kräftiger ausgespielt wünschte. Doch es ist gut so wie es ist, zumal die jungen Damen und Herren mit spürbarer Freude dabei sind. Zum Schluss gibt es bei dieser Uraufführung auf der großen Bühne nur noch drei Hinterbliebene: eine Versehrte, eine verzweifelt um Fassung Ringende und einen Verlassenen.

Überraschend auch für den Betreffenden selbst hat Rektor Jason Beechey übrigens zur Matinee die Neuigkeit verkündet, dass Mario Picardi Luna als diesjähriger DAAD-Preisträger und Studierender im Masterstudiengang Choreografie zur Matinee 2010 eine eigene Arbeit vorstellen kann. Das ist sehr erfreulich, garantiert auch einen entsprechenden Vorlauf für ein solches Projekt, was sich bei Gästen nicht immer realisieren lässt. Zumal das naheliegend Gute allemal besser ist als eine schwache Choreografie wie beispielsweise „Art von Blau“, in diesem Jahr als Uraufführung von Francesco Nappa ins Programm gekommen. Gewissermaßen ein Stück blauer Dunst mit effektvollen Anordnungen, doch die Tanzstudenten haben noch das Beste daraus gemacht.

Jason Beechey hatte seine Überraschung für 2010 übrigens im „Nachgang“ der Vergabe der Palucca-Stipendien der Dresdner Stiftung Kunst und Kultur der Ostsächsischen Sparkasse Dresden verkündet. Diese gehen 2009 an die Tanzstudenten Johannes Schmidt und Christian Bauch. Eine Würdigung, die nun schon seit 16 Jahren jungen Tänzern ermöglicht, ihre Ausbildung individuell zu erweitern. Christian Bauch hatte zuvor auch in der Choreografie „Na Floresta“ von Nacho Duato mitgetanzt, ein Stück von 1990 zur eindringlichen Musik von Heitor Villa-Lobos. Das ist eine wahrhaft florale, in sich verwobene Tanzschöpfung, mit einem berückend schönen Trio sowie einer Vielzahl von Duetten. Zu den Favoriten der Matinee gehört aber unbedingt auch das bereits bekannte „Testbild Engerlinge“ von Anke Glasow. Eine schon immer markante Choreografie, doch so gut getanzt wie von den Tanzstudentinnen der G3 war es bislang noch nicht zu sehen. Da zahlt sich die offenbar intensive Einstudierung aus. Und eine tänzerische Qualität insgesamt, die der Palucca Schule gut zu Gesichte steht.

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