Zum Abschied von Daniela Kurz

„KURZschluss TANZgala” in Nürnberg

Nürnberg, 08/07/2008

Schwarz wie Ebenholz, rot wie Blut, weiß wie Schnee: Auch wenn sie sich nach Machart und Message unterscheiden, bekennt Daniela Kurz in ihren Stücken immer Farbe – und das, obschon bei der „TANZgala” die unterschiedlichsten Bühnen- und Kostümbildner am Werke sind. Selbst eine Rosalie, auf der Bühne oft so dominant, scheint sich ihren Vorstellungen völlig unterzuordnen und passt „Hamlet ruft” in das ästhetische Gesamtbild ein. Erst kurz vor der Pause kommen plötzlich pastellhafte Farbgebungen ins Spiel, und am Ende des Abends, der sich nicht eben zufällig „KURZschluss” nennt, knallen nur so die Kontraste.

Die Stuttgarterin nimmt Abschied vom Staatstheater Nürnberg, das künftig wieder mehr der Konvention genügen will, und sie tut das mit einer „TANZgala”, die noch einmal ihre besten Arbeiten gegenwärtig macht: ein Drei-Stunden-Marathon, der nicht einfach zehn Jahre Tanzgeschichte Revue passieren lässt, sondern in der Zusammenschau wie ein einziges, in manchen Momenten genialisches Gesamtkunstwerk erscheint. Schon „Eine Winterreise”, choreografiert in der Spielzeit 1999/2000 und auszugsweise von Kanae Kikuta, Leonardo Rodrigues und Carline von Oel getanzt, legt die künstlerische Latte hoch – und das nicht bloß, weil Daniela Kurz den tänzerischen Parcours auf einer eisig erstarrten Bühnenerhebung positioniert. „Mr. Gould, bitte” spielt auf einem Tisch, und dort begegnen sich erstmals Tanz und Text. Schließlich sind Ivo Bärtsch und Nefeli Skarmea, Protagonisten auch in „Hamlet ruft” und „Emma Goldmanns Hochzeit”, nicht auf den Mund gefallen. Mündige Tänzer sind die 17 Ensemblemitglieder allemal. Ohne ihr Engagement wären Recherche-Projekte wie „Wish eye wood” (oder wie jüngst „Nächster Halt: Freiheit”) undenkbar gewesen.

Doch davon einmal abgesehen: Daniela Kurz kann choreografieren, und sie tut es so ungemein präzise und zugleich poetisch, dass man davon nicht genug bekommen kann. „Im Auge des Kalligraphen” hat sie 2005/06 eine ihrer schlüssigsten Arbeiten genannt, und Schwarz auf Weiß setzt sie darin ihre bewegten Zeichen so schnörkellos, schlicht und ergreifend schön, dass man sich darin meditativ versenken könnte – gäbe es nicht da ganz andere Stücke, die jede Selbstverliebtheit schon im Ansatz verhindern. „Hamlets” Rufe finden noch immer Gehör, „The Fall of the House of Usher” steht beispielhaft für die Zusammenarbeit mit einem Komponisten wie Philip Glass, und eine so „maßvolle” Choreografie wie „Galileo Galilei” lässt die politischen Implikationen nicht außer acht, gerade weil sich am Ende die Tänzer wie die Derwische um die eigene Achse drehen.

Und das ist noch längst nicht alles: Daniela Kurz lässt sogar Mozarts Bäsle-Briefe tanzen, und dass so etwas geht, zeigt nicht allein der Auszug aus „ich bin knall und fall”. Auch „Der schöne Teilnahmslose” basiert auf einem Text, und den spricht niemand anderes als Edith Piaf, Gott hab sie selig. Am Schluss allerdings wird gefeiert, und das mit der „Hochzeit” der roten Emma und mit einer Wunschvorstellung aus „Wish eye wood” – und wenn alle Beteiligten und die begeisterten Zuschauer nicht inzwischen das Bett gehütet haben, feiern sie noch immer.

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