„Wo die Gefahr am größten ist, ist auch das Rettende nah“ (Hölderlin)

Richard Merz über das Zehnte Symposium von TaMeD

Zürich, 07/05/2008

von Richard Merz

Die von Choreografie und Intendanzen stets gesteigerten Anforderungen brachten gegen Ende des letzten Jahrhunderts – und bringen munter immer noch - immer größere Gefahren für die Gesundheit der Tanzenden. Aber da nahte sich auch schon ein Rettendes: TaMeD, die Tanzmedizin Deutschland, wurde 1997 gegründet und konnte nun am Himmelfahrt-Wochenende in Dresden das zehnte Symposium durchführen.

So auf Anhieb tönt „Tanz-Medizin“ nach bloßer Angelegenheit für Ärztinnen und Ärzte. Doch TaMeD umfasst weit mehr als deren spezialisiertes medizinisches Wissen. Diese „Tanz-Medizin“ will sich von Arztseite her dem Tanz in seiner Ganzheit und von Tanzseite her der Medizin in ihrer Vielfalt nähern. In gegenseitigem Sich-Kennenlernen und – hoffentlich – vertieftem Verstehen der je eigenen Möglichkeiten und Grenzen. „Zusammen wachsen“ war denn auch das Motto in Dresden: gemeinsam wachsen. Nicht etwa zusammenwachsen als ein Begriff, kein Verschmelzen unter Aufhebung der Grenzen. Aber sich suchen und treffen, im Raum zwischen den Grenzen, dem eigentlichen Raum von Begegnung.

Doch beschränkt sich die Tätigkeit von TaMeD nicht auf die – bis jetzt alljährliche - Organisation von Symposien. Eine „Zeitschrift für Tanzmedizin“ wird herausgegeben (seit kurzem heißt sie TaMeD Magazin), Infoblätter werden redigiert, die knapp und prägnant Grundlegendes zu zentralen Problemen vermitteln, wie Richtig TrinkenVerletzt – was tun?EssstörungenAlternative Trainingsmethoden. Auskünfte über (fast) alle Fragen aus dem Gebiet der Tanzmedizin werden erteilt. 

Dass Informationen über Ess- und Trinkverhalten, wie auch über Osteoporose erteilt werden, erstaunt nicht. Nicht unbedingt aber zu erwarten sind Auskünfte über alternative Trainingsmethoden. Doch das macht gerade die Tanz-Medizin von TaMeD aus; unter Medizin wird hier alles verstanden, was fundiert zum Heilen, aber auch zum Vorbeugen beitragen kann. Und das ist ungemein vielfältig.

Ohne Honorar und Spesenentschädigung waren Fachpersonen aus ganz Europa angereist und befassten sich theoretisch und praktisch von Freitag bis Sonntag (in der für eine solche Veranstaltung bestens geeigneten Palucca-Schule) in Referaten und Workshops mit verschiedenen Aspekten der Lebensrealität des Tanzes, die die Tätigkeit der Tanzenden hemmen oder fördern können, von verschiedensten Gesichtspunkten aus: Schulmedizin, Psychologie, ja sogar Philosophie, unterschiedlichste Therapie- und Trainingsformen.

Und ebenfalls aus ganz Europa, aber vorwiegend aus Deutschland waren die wohl gegen hundertfünfzig Teilnehmenden, deren Berufsspektrum zeigt, nach wie vielen Seiten hin diese neue Disziplin Interesse erweckt. Da waren nicht nur aus verschiedensten Richtungen die Ärztinnen und Tänzer vertreten, die Bewegungstherapeuten und -pädagogen, sondern auch aus Kultur-Management, Gesundheitspädagogik sowie aus Kultur- und Theaterwissenschaft. Da wurden Lehren verkündet, die allgemeinen Anklang fanden und solche, die kontrovers aufgenommen wurden. Nur blieb für Auseinandersetzung wenig Zeit, denn fast unerbittlich dicht folgten sich die einzelnen Beiträge.

TaMeD selbst war Thema eines Festvortrages zum zehnjährigen Jubiläum. Er wurde gehalten durch das Gründungsmitglied Liane Simmel, die äußerlich als ausgebildete Tänzerin und Fachärztin durch ihren Werdegang und innerlich durch ihr nach so vielen Seiten offenen Engagement TaMeD geradezu idealtypisch verkörpert. Und innerhalb dieses Vortrages konnte die ehemalige Vorstandsfrau Elisabeth Exner-Grave das Buch „Tanzmedizin“ vorstellen, in dem sie als Herausgeberin Beiträge zu vielen Fragen zur Pflege im weitesten Sinne der Tanzenden gesammelt hat. Auf dass die Tanzmedizin den Tanzenden immer mehr zum Rettenden in ihren vielfältigen Gefährdungen werden kann.
 

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