Lerne, woher der moderne Tanz kommt, dann verstehst du ihn besser

„Die lange Nacht des Tanzes“ im Vorprogramm von Dance

München, 22/10/2008

Dance-Kuratorin Bettina Wagner-Bergelt hat Münchens elfte Biennale für zeitgenössischen Tanz (25.10. - 8.11.) ganz aufs Geschichtsbewusstsein abgestellt. Und da bot jetzt vorweg „Die lange Nacht des Tanzes“ im Nationaltheater eine Art History-Proseminar. Nach der Vorstellung des Dreiteilers Sandroni/van Manen/Schläpfer ging es für 250 Interessierte ab 23 Uhr auf die Hauptbühne, wo man von der Bestuhlung im Karree auch mal den Tänzerblick in den Zuschauerraum nachvollziehen konnte. In zügigem Ablauf folgten aufeinander Ausschnitte aus den modernen Repertoires des Gärtnerplatz-Tanztheaters und des Staatsballetts, präsentiert von den Tänzern der beiden Ensembles, und eine Reihe von Filmschnipseln (leider alle, zum Teil wohl wegen Vergrößerung, von schlechter Qualität).

LMU-Tanzwissenschaftlerin Katja Schneider ordnete zeitlich ein und kommentierte den Schnelldurchlauf durch die Tanzentwicklung seit Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute: von der ersten Performance-Künstlerin Loie Fuller, der freien Tänzerin Isadora Duncan, dem deutschen Tanzexpressionismus einer Mary Wigman und von den durch Nijinskys Werke avantgardistischen Ballets Russes über George Balanchines Neoklassik bis hin zu John Cranko, dem postmodernen Neoklassiker William Forsythe, dem Modern Dance-Meister Mats Ek und der Tanztheater-Schöpferin Pina Bausch. Die nicht vollständige Liste der hier nächtens vorgeführten und erwähnten Wegbereiter und Trendsetter konnte demjenigen, der seine Sinne in der drögen Atmosphäre der leergeräumten Riesenbühne beisammen hielt, sicherlich einen Eindruck davon geben, wie das klassische Vokabular schrittweise zu neuen Formen aufgebrochen wurde. Und wie radikale Tanz-Revolutionäre, jenseits aller Tradition, aus ihrem je individuellen Körpergefühl eine ganz neue Bewegungssprache hervorbrachten. Der Tanz-Habitué konnte zwar keine neue Information und Erkenntnis gewinnen. Für den „normalen“ Zuschauer mochte dieser Digest durchaus erhellend gewesen sein.

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