Kühler „Schwanensee“ aus Deutschland in St. Pölten

„Zwischen Mitternacht und Morgen“ von Stephan Toss

St. Pölten, 21/01/2008

Jede Zeit hat Anspruch auf eine Neufassung der großen Ballette. Auch im Festspielhaus St. Pölten funktioniert der Titel „Schwanensee“, auch wenn davor noch steht „Zwischen Mitternacht und Morgen“ und der deutsche Choreograf Stephan Toss hier wenig bekannt ist.

Das Haus ist voll und bestätigt die Leitung, die das Aalto Ballett Theater Essen, seinen Direktor Martin Puttke und die Bochumer Symphoniker unter Rasmus Baumann für zwei Vorstellungen eingeladen hat. An dem Gastspiel gefällt die Identifikation der Tänzer mit temporeichem, moderat modernem, mitunter verschraubt daherkommendem Tanz. Kraft, Präzision und ganzkörperlicher Ausdruck beeindrucken.

Thoss' „Schwanensee“ (2004), der auf Tschaikowskys Partitur mühelos zackigen Disco-Tanz setzt, spielt mit Partylaune und deren Folgen. Der draufgängerischer Verführer Rotbart (Raul Raimondo Rebeck) macht die naive Odette (Taciana Cascelli) abhängig, Siegfried (Marat Ourtaev) hat kaum eine Chance.

Thoss profitiert von Erfolgen seiner Vorgänger. Dass man gleich zu Beginn stark an Mats Ek denkt, mag man auch positiv lesen. Schließlich hat der Schwede den Anstoß gegeben, die Klassiker mit unverkrampfter Lesart und neuer Bewegungssprache zu aktualisieren.

Thoss' Liebestragödie kommt klar daher. Auf wenige erzählerische Momente hat der Choreograf allerdings die Dramatik der Vorlage reduziert. Ein wohl insgesamt runder aber recht kühler, rationaler „Schwanensee“ reiht sich da in Neufassungen ein.


Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern