„SAABA“ von Sharon Eyal

Energetisches Erleben

Saisoneröffnung im Festspielhaus St. Pölten mit einem Gastspiel aus Göteborg

Hofesh Shechter bleibt ungewiss, Sharon Eyal trifft die Sache auf den Punkt.

St. Pölten, 25/09/2023

Katrin Hall, die Chefin der 38-köpfigen Danskompani des Göteborger Opernhauses, verordnet ihrem multikulturellen Team ausschließlich Präsentationsformen, die sich unter dem Überbegriff Gegenwarts-Choreografie subsumieren lassen. (Aus österreichischer Sicht erinnert man sich an die ehemalige Jochen Ulrich-Tänzerin mit einem choreografischen Auftragswerk am Linzer Landestheater.) Von Sidi Larbi Cherkaoui über Alexander Ekman und Jo Strømgren bis zu den beiden Opstals kreiert eine muntere Schar im gleißenden Spiegel unserer so unterschiedlich empfundenen Zeit eine Uraufführung nach der anderen. Bettina Masuch, die Chefin des Festspielhauses St. Pölten, hat sich für die Eröffnung der neuen Saison die Stücke „Contemporary Dance“ (2019) von Hofesh Shechter und „SAABA“ (2021) von Sharon Eyal ausgesucht und zeigt damit quasi zwei publikumsaffine Brands aus dem breiten Spektrum, wie Tanz heute aussehen kann.

 

Just dancing around?

 

Abgesehen davon, dass man die Tänzerinnen und Tänzer gerne beklatschen kann, weil sie wie im künstlerischen Überlebensmodus Alles geben was zu geben ist, lässt sich trefflich nach spezifischeren Substantiven suchen, womit man es hier eigentlich zu tun hat. Subversive Unterhaltung? Just dancing around? Die Anstrengung einer Darstellung von Contemporary Dance? Im Fall von Shechter mag man den Eindruck gewinnen, dass sich nach einem anfänglichen Kunterbunt an Dance Styles das ihm zugeschriebene Verständnis von extremen Auf und Abs einer Bewegung, durchsetzt von starken Handgesten, stärker herauskristallisiert, allerdings ohne konkret zu etwas zu führen. Wie Eyal, wenn auch weniger ausführlich, hat auch er seine Erfahrungen bei Ohad Naharin und der Batsheva Dance Company gesammelt. Das unmittelbar energetische, gemeinsame Erleben in der Gruppe steht zentral, ein tieferes Konzept ist da nicht erkennbar, und die Musikalität erinnert eher an die Frage, was hört die junge Community und was will sie hören. Dass Shechter dann nach basslastiger Eigenkomposition mit „And now the end is near“ aus Frank Sinatras „My way“ endet, beschert dem Ensemble Standing Ovations.

 

Geometrische Formen

 

Sharon Eyal dagegen spitzt in „SAABA“ (Musik von Ori Lichtik) eine Idee zu. Erneut setzt sie auf ständiges Trippeln auf Halbspitze als ästhetisches Mittel, der in hautenge Spitzentrikots (von Maria Grazia Chiuri, Dior) gesteckten Tänzerinnen und Tänzer. Ein Faun startet pittoresk im Hintergrund und erfährt alsbald seine Vervielfältigung. Wie mit Schablone aufgesetzt verschiebt sich das Ensemble in minuziös ausgefeilten geometrischen Formationen mit Variation, die Frauen nehmen überhand, und eine erreicht die Spitze. Auch hier spielen Handgesten eine zentrale Rolle, wie ein Ausschauhalten und Zurückweichen, ein Sich-zu-fächeln.

 

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