„Theatre of Dreams“ von Hofesh Shechter

Träum ich, wach ich?

Im Festspielhaus St. Pölten gastiert die eingeschworene Hofesh Shechter Company mit „Theatre of Dreams“

Der Choreograf und Musiker Shechter scheint am theatralen Zenit angekommen. Was Hofesh Shechter mit seinen Zuschauenden macht ...

St. Pölten, 17/05/2025

Eigentlich kann man über den neunzigminütigen Bilder-Furor nicht schreiben. Weil das letztlich rave-ähnliche Ding, in dem auch schon mal Alle mittanzen, Wortkaskaden jenseits des Duden verursacht. Weil sich die schier unfassbar schnell wechselnden Szenen im Dunklen, die von noch schneller gewechselten Vorhängen sequenziert werden, die dann die noch schnelleren Tanzenden gefühlt sekundenkurz zeigen, wimpernschlagmäßig psycho-physisch einbrennen. Alles unmögliche Superlative.

Träum ich oder wach ich?  Zu einer solchen klugen Frage kommt es erst gar nicht, denn dem Sog aus anfangs Nebel, pulsierendem Beat mit klassischem Klavier wie aus der erinnerten Ferne, dem melancholischen Song „I remember“ von der in den 2010er-Jahren entdeckten Künstlerin Molly Drake und der facettenreichen Live-Musik mit den Herren Navarre, Janiak und Paton an vielen Instrumenten kann man sich kaum entziehen. „Theatre of Dreams“, 2024 entstanden, von St. Pölten im Reigen erstklassiger internationaler Produktionsstätten mit auf den Weg gebracht, „handelt“ von Traum und Wachheit, von fantastischen Erlebniswelten, die einem in anderen Zuständen vor Augen kommen und das in jener zusammengestoppelten Art, die wir schwer zu ergründen vermögen. Ein ewiges Laufen, woher, wohin. Natürliche Nacktheit, beschämend, befreit. Gemeinsames Wollen in der Gruppe. Sich die Welt ausdeuten in all dem menschlichen Ungemach. Nur das Jetzt zählt.

Allmählich, glaubt man, dehnt sich die aberwitzig verschluckte Shechtersche Zeit doch etwas aus oder hat man sich nur gewöhnt an den enormen bühnentechnischen, vor allem aber furiosen tanztechnischen Irrsinn? Das ist positiv gemeint, denn die dreizehn Tänzer*innen verkörpern diesen - als geb‘s kein Morgen – gestenreich und bedeutungsschwanger mit viel Anklängen an Folkdance : Carter, Cassarino, Despierre, Fallon, de Frankrijker, Frappat, Gouache, Harry, Haskins, Kim, Simin, Valerio, Vyent. 

Das Gemeinsame schwört das Individuum ein und trotzdem behauptet sich die Individualität. Wenn sich nach all den bewegten schwarzen Vorhängen dann ein elegant drapierter Theater-Vorhang im Hintergrund auftut, ahnt man: Jetzt könnte es erst so recht beginnen. Theater zum Träumen. Magisches Theater. Hofesh Shechters Reise wird weitergehen...

 

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