Fragen an die ZAV Tanz

Charles Guillaume und Annette Vladar im Interview

Köln, 12/12/2006

Sie sind im Bereich Tanz der ZBF für die Vermittlung von Tänzern, Choreographen, Ballettmeistern, Assistenten, Dramaturgen, Lehrern und Korrepetitoren zuständig. Gibt es eine von diesen Gruppen, die Sie schwerpunktmäßig vermitteln? 

Zahlenmäßig bildet natürlich die TänzerInnnen-Vermittlung den Schwerpunkt. Die Anzahl der Planstellen übertrifft die sämtlicher anderer Bereiche um ein Vielfaches. Es gibt einfach naturbedingt mehr TänzerInnenstellen. Wobei der Zeitaufwand in den anderen Bereichen häufig größer ist. Dabei werden in den anderen Bereichen leider unsere Möglichkeiten nicht genügend ausgeschöpft. 

Welche Leistungen bieten Sie den Hilfesuchenden? Geht es hauptsächlich um berufliche und vertragliche Hilfen oder leisten Sie auch künstlerische Beratung? 

Unsere dringlichste Aufgabe ist die Vermittlung. Hier gilt die Prämisse nach Auswahl und Vorschlag, um den bestmöglichen Kandidaten für die bei uns gemeldete Stelle präsentieren zu können. Im Vordergrund unserer Arbeit steht, bei den heutigen Verhältnissen, den physischen und wirtschaftlichen Aufwand, sowohl der Stellenanbietenden wie auch der Stellensuchenden, so gering wie möglich zu halten. Die Gespräche darüber beinhalten Hilfe zur beruflichen und künstlerischen Entwicklung.

Können Sie etwas über den Erfolg der Vermittlungsbemühungen sagen? 

Unsere Vermittlungsstatistiken ergeben ein überaus positives Bild. Wir können aber nur so viele Vermittlungen tätigen, wie uns auch effektiv Stellen angeboten werden.

Auf der Internetseite findet man über die ZBF: „Die ZBF bieten Ihnen Service in den Sparten Schauspiel, Musiktheater, Orchester, Film & Fernsehen an“. Erst wenn man weitersucht, findet man „Tanz“. Auch unter Adressen und Ansprechpartner findet sich „Tanz“ an letzter Stelle. Ist das ein Zufall oder fühlen Sie sich im Vergleich zu anderen Sparten unterrepräsentiert? 

Dies hängt vor allem mit der Neu- bzw. Umstrukturierung des Internetauftritts der ZBF zusammen. Hier wurden aus organisatorischen Gründen zuerst die Bereiche Musical und Film/Fernsehen vorgezogen. Zu Beginn des nächsten Jahres soll der Internetauftritt in Eigenregie veränderbar werden. Wir sind uns sicher, dass dieser Prozess bald abgeschlossen ist und wir dann adäquat auf der Internetseite repräsentiert sein werden.

Bevor Sie Ihre Stelle bei ZBF begonnen haben, waren Sie selbst künstlerisch tätig. Was haben Sie genau gemacht? Und war diese künstlerische Arbeit eine notwendige Voraussetzung für Ihre jetzige Arbeit? 

Charles Guillaume: Nach meiner 15-jährigen Tänzerlaufbahn war ich freischaffend als Choreograph und Regisseur tätig. Darauf begann ich in der Produktionsleitung und der Festivalorganisation in Verbindung mit künstlerischer Leitung zu arbeiten. In dieser Zeit absolvierte ich nebenbei ein Studium der Angewandten Theaterwissenschaften an der Justus Liebig-Universität in Gießen. Vor meinem Wechsel zur ZBF war ich als Co-Direktor des Balletts am Anhaltischen Theater in Dessau tätig. Wie man daraus ersehen kann, habe ich sowohl in der Institution als auch in der freien Szene gearbeitet. Ich denke, dass ich die Summe meiner Erfahrungen hier optimal einbringen kann und die Verbindung all dieser Tätigkeiten notwendig ist, um auf alle entsprechenden Aufgaben angemessene Antworten finden zu können.

Annette Vladar: Nach circa 15 Jahren Tätigkeit als Tänzerin, Assistentin und einem Jahr als kommissarischer Ballettdirektorin machte ich eine Umschulung zur Fremdsprachenkorrespondentin und Übersetzerin. In diesem Bereich war ich dann zwei Jahre freischaffend tätig, bevor ich wieder im Theater anfing. Zehn Jahre lang war ich im Künstlerischen Betriebsbüro, zunächst als Mitarbeiterin, dann als Disponentin. Nebenbei arbeitete ich viele Jahre in der Leitung eines kleinen Opernunternehmens. Umfassende Kenntnisse des Theaterbetriebs und natürlich noch mehr des Bereiches Tanz sind unerlässlich für meine jetzige Arbeit und auch Voraussetzung, um in der ZBF überhaupt eine Stelle zu bekommen. 

Im Tanz bewegt sich in Deutschland viel. Was tun Sie, um immer auf dem neuesten Stand zu sein?

Wir informieren uns vor allem über tanznetz.de, aber Scherz beiseite, natürlich nicht nur das. Wichtig ist es, einen Überblick über die laufenden Produktionen der Spielzeit zu haben, d. h. möglichst viele, im Optimalfall, von jedem Ensemble wenigstens eine Premiere der laufenden Spielzeit gesehen zu haben. Außerdem versuchen wir so häufig wie möglich auf spezifisch den Tanz betreffenden Veranstaltungen, wie Messen, Kongressen, Meetings, der Tanzplattform etc. präsent zu sein. Hervorzuheben ist sicherlich unsere Teilnahme und Mitarbeit bei der BBTK und der Ständigen Konferenz Tanz. Es gilt ja auch hier, die Veränderungen in der Tanzlandschaft in vorderster Linie mitzuerleben und eventuell unterstützend und gestaltend daran teilzuhaben. Wir sehen unsere Aufgabe auch als Übermittler von Informationen, Trends und Entwicklungen, sowohl wirtschaftlicher wie politischer und künstlerischer Natur. 

Für welche Altersgruppen sind Sie zuständig? Kommen bereits Schüler zu Ihnen und kümmern Sie sich auch um ältere Tänzer, die z. B. eine Transition vor sich haben? 

Man kann eigentlich fast sagen, dass wir von der Wiege bis zur Bahre zuständig sind. D. h. wir bieten für 10-14-jährige Eignungsprüfungen an, besuchen regelmäßig die Hochschulen und kümmern uns im Besonderen um die Absolventen. Unser Hauptaugenmerk liegt aber in der Beschäftigung während der aktiven TänzerInnenlaufbahn. Desweiteren kümmern wir uns auch um den Übergang in ein Leben nach dem Tanz, sprich die Transition, und vermitteln nach Anfrage auch hin und wieder ältere bis alte Tänzer. 

Was wünschen Sie sich künftig für den Tanz in Deutschland? 

Wir würden uns wünschen, dass der Tanz im Allgemeinen eine gesellschaftliche Akzeptanz und Anerkennung erfährt und der Berufsstatus des Tänzers den Stellenwert eines anerkannten Ausbildungsberufs erhält. Desweiteren würden wir es begrüßen, wenn eine Professionalisierung in Verbindung mit einer staatlichen Prüfung im Bereich der privaten Tanzschulen stattfinden würde.

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