Ballettchef Gyula Harangozó

Viele neue russische Tänzer im Wiener Ballettgefüge

Wien, 20/09/2006

Der neue Tanzboden wird auf der Volksopernbühne verlegt. Während einer Vorstellung des Stücks „Mokka“, erzählt Gyula Harangozó im KURIER-Gespräch aufgeräumt, fiel der Tisch, ein Bühnenrequisit, um, weil er in einen Bodenspalt rutschte. Für Tänzerinnen, die im Spitzenschuh auftreten, und das wird bei der Gala kommen Donnerstag der Fall sein, wären Ritzen im Boden eine Androhung.

Warum eine Gala nicht in der Staatsoper? Harangozó: „Wir möchten dem Publikum in der Volksoper gerne zeigen, wie spannend Ballett sein kann. Da haben wir Nachholbedarf.“ Gleich mit fünf Wiederholungen verspricht sich der gebürtige Budapester vom „bunten Programm, das helle und dunkle Stimmungen zeigt“ und aus russisch-sowjetischen Parade-Nummern sowie ein paar moderneren Stücken besteht, lebhaftes Interesse. Mit unterschiedlichen Besetzungen will der nach seiner ersten Saison als betont konservativ und weniger an choreografischer Originalität als an tänzerischem Technikvermögen einzustufende Ex-Ballerino auch an der Kasse reüssieren.

„Das erste Jahr war durchaus positiv, meint der gewiefte Kaufmann: „In der Staatsoper haben wir mehr als die Tangente (das Plansoll, Anm.) vorschreibt, eingenommen, in der Volksoper allerdings einiges verloren. Unter dem Strich aber haben wir 200.000 Euro gewonnen.“

Russisch
Künstlerisch fällt auf, dass ein Drittel des stark umgebauten Ensembles aus Russland und dem ehemaligen Ostblock stammt. Die Technik-Etüde „Paquita“ wurde auf Russisch einstudiert, was bei nicht-russischsprachigen Tänzern zu Unmut geführt hat. Harangozó aber meint, dass Absolventen russischer Schulen die besten seien: „Die Kirow-Schule für Mädchen sowieso, die Bolschoi-Schule für Männer.“ Zwei Medaillen-Gewinner hat er zuletzt beim US-Wettbewerb in Jackson engagiert. Beide Herren treten bei der Gala auf, wie auch das neue Kirow-Paar Olga Esina und Vladimir Shishov. „Auf einige warten wir noch, sie haben noch kein Visum.“

Eher nach niederschwelliger Ambition klingt Harangozós Einschätzung seiner eigenen Ballettschule. Dass ordentlich gelehrt werde, ist am wichtigsten, auch wenn die jugendliche Physis nicht so gut geeignet ist. Die Nackt-Plakate des vergangenen ImPuls-Tanz-Festivals wiederum hätten Eltern abgeschreckt, ihre Kids in der Ballettschule anzumelden.

Einem Gerücht widerspricht Harangozó nicht: Dass er in der dritten Spielzeit auch als Choreograf antritt und Renato Zanellas „Nussknacker“ durch einen eigenen ersetzt.

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

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