„Person To Person“

Gastspiel in der Muffathalle

München, 12/07/2003

Gottlob kein Geschlechterdifferenzspektakel. Ganz unaufdringlich irritiert Dieter Baumann, unter blonder Perücke mit dem Rücken zum Publikum postmodern einfache Bewegungsaktionen repetierend, die Wahrnehmung. Kurz darauf zieht er, sachte rollend, allmählich den Körper seiner Partnerin Jin Xing, der einst ein männlicher war, auf den seinen, als schlüpfe er in sie wie in einen Kokon. Bald eine Stunde später beenden die Beiden ihr „Person To Person“ mit einem synchronen Energieschub-Duett in Unisex-Turnhosen, während sich auf der Leinwand dahinter ihre fotografierten Konterfeis ineinander blenden.

Die Choreografie von Rubato, der Gruppe von Baumann und seiner Regisseurin Jutta Hell, untersucht Bewegungen, die Geschlechteridentitäten in den Körper schreiben. Leicht hätte daraus ein gedankenschwer verkopftes Tanztraktat werden können. Doch ihr Gastspiel in der Muffathalle besticht vielmehr durch handwerklich exzellent konzeptionierte Körper-Bilder, etwa wenn Jin Xings Schatten mit der projizierten Großstadt-Videowelt verschmilzt. Wunderbar das sensible und stets fokussierte Lichtdesign, ebenso die präzise Ausführung der einfachen, aber effektreichen Bewegungen, so in Baumanns Solo, in dem er nur die Muskeln seines sehnigen, trainierten Armes anspannt. Eine Fülle intensiver Eindrücke, deren Ausdruck am Ende aber zu kurz gerät, weil im wohl durchdachten Bewegungsexperiment so gar kein Platz für Emotionen bleibt. Von Sehnsüchten, Zweifeln und Begehren spricht allein das Programmheft. Wenn Baumann und Jin Xing gen Schluss dem Publikum auf zwei Stühlen wie Zuschauer gegenüber sitzen, hätte man sich gewünscht, sie hätten sich mit „Person To Person“ viel deutlicher zwischen allen Stühlen positioniert.

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