Spartacus

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Wien, 22/04/2002

Ein Desaster, dieser „Spartacus in drei Akten“ an der Wiener Staatsoper – Libretto und Gestaltung: Renato Zanella, Musik: Aram Chatschaturjan, Ausstattung: Johan Engels, Dirigent: Jun Märkl. Eine Monstrosität schlimmster Sowjetprovenienz – aufgeblasen, banal, hohl und hässlich. Eine Ästhetik allerdings noch aus den Vorsowjettagen des 19. Jahrhundert: Flauberts „Salambô“, Petipas „Fille du Pharaon“ und Manzottis „Excelsior“ lassen grüßen. Modernistisch aufgemotzt und vorweg von Zanella politisch korrekt als Beitrag zu „der von Staatssekretär Franz Morak initiierten Aktion ‚Kunst gegen Gewalt‘“ reklamiert.

Und welche Gewalt wäre da wohl gemeint? Gewalt gegen das Wiener Staatsopernballett, das gezwungen wird, sich künstlerisch derart unter Wert zu exhibitionierten. Gewalt aber auch gegen das Wiener Staatsopernpublikum, dem dieser Schund als modernes Ballett verkauft wird. Mit diesem spektakulären Flop hat das Wiener Staatsopernballett eine neue Kategorie geschaffen: das Spartakel! Kein Choreografie-Credit auf dem Besetzungszettel. Zu Recht! Stattdessen eine Aneinanderreihung von Klischees.

Endloses klassisches Esperanto, gewürzt durch martialisches Zitter-Gestampfe der En-bloc-Formationen zwischen Aerobic (Elevinnen und Eleven der Staatsopernballettschule) und Show-Glamour, garniert mit permanentem Tücher-Gewedel. Keinerlei individuelle Personencharakteristik für die Tänzerpersönlichkeiten wie Boris Nebyla (Spartacus), Simona Noja (Phrygia), Gregor Hatala (Crassus), Eva Petters (Aegina), Tomislav Petranovic (Minotauros), Christian Rovny (Batiatus), Christian Musil (Harmodius) ...

Sie alle mechanisiert zu Klonen ihrer selbst! Statt eine Erzählung schlüssig linear zu entwickeln immer noch ein neuer Gag – auf schwankendem Boden, Absturz in die Versenkung, permanentes Herumgerate um die dramaturgische Funktion einer Szene, einer Person (am überflüssigsten der sogenannte Minotauros). Dazu diese scheußlichen Kostüme, die einen Kritiker bei den tellerartigen Tutus gar an das „Triadische Ballett“ denken ließen, während mich die rotberockten Kniestrumpf-Figurantinnen an römische BDM-Mädchen erinnerten, die sich dann allerdings im helleren Bühnenlicht als Jungs herausstellten. Unfassbar die Unmusikalität so vieler Passagen (als bewusste Kontrapunktik gegen Chatschaturjans musikalische Banalitäten?), die Unfähigkeit zu choreografischen Steigerungen (namentlich in den diversen Pas deux und im total verschenkten Bolero).

Dieses Spektakel ist eine Zumutung! Gefundenes Fressen für alle Verächter des Balletts! Der Super-Gau in der Geschichte des Wiener Staatsopernballetts.

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