Drei DVDs mit Balletten von Jirí Kylián, Nacho Duato und David Parsons

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Stuttgart, 21/05/2002

Ein Dreierpack von DVDs, das es in sich hat, schließlich handelt es sich um drei der kreativsten Choreografen der internationalen Szene – hier nun in DVD-Produktionen, die den gängigen Videos um Klassen überlegen sind, Kylián directed by Hans Hulscher, die beiden anderen von Thomas Grimm.

Die Kylián-DVD heißt „black & white“ und bietet sechs Ballette: „Falling Angels“ (Musik von Steve Reich), „Six Dances“ (Mozart), „No More Play“ (Webern), „Sweet Dreams“ (Webern), „Sarabande“ (Bach) und „Petite mort“ (Mozart) – die Spieldauer ist 101 Minuten. Das ist sozusagen Kylián kompakt, getanzt von Mitgliedern des Nederlands Dans Theater – die beste Einführung, die sich in das choreografische Oeuvre Kyliáns denken lässt, von bestechender technischer Qualität sowohl was die tänzerische Ausführung als auch was die Aufnahmetechnik angeht. Zwei Dinge, die ich am meisten bei Kylián bewundere, und die hier ganz klar zur Geltung kommen: seine instinktive Musikalität und seine Fähigkeit, jedem seiner Ballette eine unverwechselbare Identität zu geben. (Arthaus Musik 100 084)

Die mit der spanischen Compania Nacional de Danza produzierte Duato-DVD begnügt sich mit drei seiner Ballette: „Arenal“ (Musik Maria del Mar Bonet), „Duende“ (Debussy – beide Frühwerke aus der Zeit, da er noch Tänzer beim Nederlands Dans Theater war) und „Por vos Muero“ von 1996 (Texte des Dichters Garcilaso de la Vega – die zwischen den einzelnen Tänzen rezitiert werden, also nicht, wie bei uns neuerdings Unsitte, während des Tanzes - ´spanische Musik des 15. und 16. Jahrhunderts).

Duato führt selbst in die einzelnen Stücke ein, spricht aber auch generell über sein Tanzverständnis, und er tut das mit unwiderstehlichem Charme. Man ist sich bewusst, wie sehr er durch seine tänzerischen Erfahrungen bei Mats Ek und Kylián geprägt ist, doch seine spanische Herkunft färbt alle seine Stücke, die sämtlich durch eine unbändige Lust zu tanzen charakterisiert sind – und wie Kylián ist er ein Choreograf, der bis in die Finger- und Fußspitzen mit Musikalität aufgeladen ist (welch eine Wohltat, wenn ich an etliche seiner hiesigen Kollegen denke). Spieldauer ist 82 Minuten. (Arthaus Musik 100 326)

David Parsons ist Amerikaner, Jahrgang 1949, hat lange bei Paul Taylor getanzt und hat inzwischen seine eigene Kompanie. Er tanzt noch immer selbst, ein ungewöhnlich attraktiver und versierter Bursche. Von den dreien hier ist er der vielseitigste, der auch über eine gehörige Portion Humor verfügt (auf Gastspielen anderer Truppen haben wir sein parodistisches Rossini-Ballett „The Envelope“ gesehen), und er ist auch der realitätsnaheste, der seine Stoffe und Themen aus seinen Beobachtungen des Alltagslebens schöpft (auch er kommentiert seine Stücke und deren Inspirationen).

Er hat ein ziemlich kritisches Verhältnis zu der Gesellschaft, die er mit satirischem Blick ins Visier nimmt. Seine Tänze scheinen sich mehr in der Luft als auf dem Boden zu bewegen, und man hat den Eindruck, dass seine quicklebendigen Tänzer ein Trampolin eingebaut haben. Seine DVD ist die längste (117 Minuten) und bietet sieben Ballette: „Fine Dining“ (Musik: David Linton), „Brothers“ (Strawinsky), „Reflections of Four“ (Mozart), „Caught“ (Robert Fripp), „Scrutiny“ (Michael Raye), „The Envelope“ (Rossini) und „Nascimento“ (Milton Nascimento) – sie könnten wohl auch von sieben Choreografen stammen. Bei „Caught“ handelt es sich übrigens um eine etwas längere Version des Blitzlicht-Gewitter-Stücks, das auch von Vladimir Malakhov getanzt wird. (Arthaus Musik 100 264).

Alle drei kann ich nur wärmstens empfehlen!

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