„Troja“ von Andonis Foniadakis, Tanz: Montana Dalton, Chia-Fen Yeh

„Troja“ von Andonis Foniadakis, Tanz: Montana Dalton, Chia-Fen Yeh

Hohe Ansprüche erfüllt

tanznetz Kritiker*innenumfrage Choreograf*in 2024/25

Es gibt gleich mehrere Choreograf*innen, auf die sich unsere Korrespondent*innen für die Top-Plätze einigen konnten. Sehr erfreulich: mit vier Frauen und zwei Männern gibt es ganz vorne eine hohe Frauenquote!

München, 23/06/2025

Welche Choreograf*innen waren in der Spielzeit 2024/25 bemerkenswert oder eine Entdeckung?

 

Platz 1: Andonis Foniadakis 

Für die Uraufführungen „Troja“ (München, Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz), „Der Tod und das Mädchen“ (Kassel) und „Ikarus“ (Staatsballett Hannover): keine Wohlfühlballette, aber unvorhersehbar fesselnd, weil sie – abstrakt und doch voller inhaltlicher Querverweise zum jeweiligen Inhalt – stets die volle Aufmerksamkeit des Publikums einfordern. (Vesna Mlakar)

Platz 2: Isabelle Schad

Die experimentelle Auseinandersetzung mit, die Öffnung zu und die Verbindung mit anderen Kunstformen bringt immer wieder neue Blickwinkel auf den menschlichen Körper und seine Form und Bewegung. Die damit einhergehende Erforschung des menschlichen Daseins in der Welt sowie der Umgang mit den dort befindlichen Dingen und Wesen geht über die gewohnte Bewegungsästhetik im Tanz weit hinaus. Schads Produktionen spielen auf poetische wie sinnliche Weise mit den hybriden Zusammenhängen zwischen dem menschlichen Körper, der Natur außerhalb von uns und den Dingen, die uns im Leben auf dieser Welt umgeben. (Martina Burand)

Für die zwei Choreografien „Bodies of Light“ und „Mirroring“ mit völlig unterschiedlicher Ästhetik und Arbeit mit Räumlichkeit. Sie hat eine große Bandbreite und bleibt dabei immer Schad. (Dieter Hartwig)

Platz 3: Florentina Holzinger 

Weil sie die Dimensionen des zeitgenössischen Tanzes erheblich erweitert hat in die Bildende Kunst, Akrobatik, Gesang usw. und damit radikale Tanzopern schafft, die da weitermachen, wo Sasha Waltz oder Nanine Linning aufgehört haben. (Hans-Werner Kruse)

Platz 3: Edvin Revazov 

Seine ebenso kreative wie tänzerisch anspruchsvolle Bewegungssprache wurzelt erkennbar in der Neoklassik, geht aber doch auch ganz neue, vielfältige Wege und berührt durch ihre Expressivität und Emotionalität. (Annette Bopp)

Platz 4: Cathy Marston

Die Kreativität und Vielseitigkeit der Ballett-Zürich-Direktorin: Der Abendfüller „Clara“, das geistreiche, kurze Handlungsballett „Mrs.Robinson“, das Kurzballett „The Butterfly-Effekt“ im Rahmen einer Klimawandel-Diskussion. (Marlies Strech)

Platz 4:  Ceren Oran

Die bescheidene türkische Choreografin feierte gerade mit der Wiederaufnahme Ihres Münchner Antrittsstücks  „Heimat...los!“ ihr zehnjähriges Jubiläum und prägt mit einem ganz eigenen Stil die Tanzszene vor Ort. Mit poetischen Stücken schafft sie Kommunikation zum (auch jungen) Publikum und bildet Communities in der Stadt. Ein Blick auf den Tourplan der jungen Mutter lässt einen schwindeln, an Gastspielen weltweit mangelt es zumindest nicht. (Nina Hümpel)

 

Die weiteren Ausgewählten
 

Alina Belyagina
Alina Belyaginas kraftvolle und unglaublich frisch wirkende Arbeiten versprechen die Münchner Tanzszene nachhaltig aufzuwirbeln. (Peter Sampel)

Luca Bonamore
Luca Bonamore studierte Tanz an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien. Seine Arbeiten sind inspiriert von eigenen queeren Lebenserfahrungen. Er ist somit eine wichtige Stimme für eine Menschengruppe, die aktuell wieder in vielen Ländern an den Rand gedrängt wird. (Paul Delavos)

Mari Carrasco
Die Langsamkeit, die die Entstehung von Bewegung nachvollziehbar macht, ist ein herausragendes Stilmittel der schwedischen Choreografin in der Dancesoap „Minutemade“ am Gärtnerplatztheater München. (Sabine Kippenberg)

Frank Chartier 
Mit der Operninszenierung von „Dido und Aeneas“ am Theater Basel betrat der belgische Tanzkünstler Neuland. Wenn Frank Chartier mit Peeping Tom inszeniert, entsteht überwältigendes, absurdes Theater. So war auch diese Fusion von Oper und Tanz, von Alt und Neu, ein berückendes Fest für Augen und Ohren. (Regina Christen)

Edward Clug
Edward Clug überzeugt anhand seiner qualitativen Kontinuität und eigenen, unverkennbaren Handschrift, die in Schöpfungen verschiedener Kompanien und Stilen zum Tragen kommen. Darüber hinaus zählt er zu den wenigen zeitgenössischen Stimmen, die auch das abendfüllende Handlungsballett ins 21. Jahrhundert zu überführen vermögen und dessen Potenzial – mit Frische, Virtuosität und Nonchalance – ausloten. Beispielhaft ist hier „Sommernachtstraum“ für das Staatsballett Berlin, wo auch die ideale Besetzung mit Leroy Mokgatle als Puck trumpfen konnte. (Anna Beke)

Thomas Hauert
Seine Arbeit „Playing with Sergei, Martha and the Others“ für die Dresden Frankfurt Dance Company hat gezeigt, wie eigenständig Dramaturgie auf eine vorgefertigte Komposition reagieren kann. (Rico Stehfest)

Marcos Morau
Nicht umsonst einer der angesagtesten Choreografen derzeit – er hat den Blick für eine überwältigende Gesamtwirkung. (Isabelle Neumann Cosel)

Sofia Nappi
Sie beeindruckt mit einem hochemotionellen Tanz und verbindet auf unkonventionelle Art groteskes Spiel mit energievollem Tanz, ja amalgamiert Alt mit Jung (z.B. in „IMA“), Lachen mit Weinen (z.B. im Chanson „La Bohème“ bei Gauthier), verbindet in ihrem Stil die Kraft der Moderne mit Gaga-Lässigkeit, das ist suggestiv und mitreißend! (Renate Killmann)

Micha Purucker
Micha Purucker feierte 2024 sein 40-jähriges Bühnenjubiläum. Dabei ist von nachlassender Kreativität bei dem Tänzer und Choreografen nichts zu spüren. Auf vielschichtige Weise erkundet er den menschlichen Körper und seine gesellschaftlichen Dimensionen und überrascht dabei jedes Mal aufs Neue. (Florian Welle)

Angelin Preljocaj
„Requiem(s)“: 1,5 Stunden sind alle Tänzer*innen fast exzessiv in Bewegung und setzen Traurigkeit und Erinnerung nach einem Verlust eines nahestehenden Menschen so um, dass nicht nur Traurigkeit, sondern auch Freude rüberkommt. (Ursula Kaufmann)

Sina Saberi
Der iranische Choreograf liefert mit „basis for being نرگس“ eine faszinierende Zeitreise in den Iran. Das Private wird hier politisch. (Torben Ibs)

James Wilton
Der englische Choreograf fasziniert etwa in seinem Duo „The Four Seasons“ mit einer flüssig-filigranen, auch virtuosen Körperlichkeit, die im Gegensatz zum heute so oft anzutreffenden abstrakten Athletismus erzählerisch variiert und stets inhaltlich gebunden bleibt. Da wird nicht minutenlang auf derselben Bewegung rumgeritten, sondern psychologisch wach reagiert. (Andreas Berger)

Stephan Thoss
Stephan Thoss vermag universal zu choreografieren. Er verfügt über ein heute immer selteneres, fundiertes universales Wissen über Tanz und Choreografie und vermag dieses, je älter er wird, mit einem tief erfahrenen Wissen, um das Menschsein zu verbinden. Er wird einmal so groß und umfassend sein, wie Hans van Manen oder Jiri Kylián – wir haben Stephan Thoss. (Alexandra Karabelas)

Lucas Valente
Lucas Valente beweist mit seinen zahlreichen jüngsten Arbeiten ungeheuren Einfallsreichtum nicht nur auf der choreografischen Ebene. Seine Arbeiten lassen staunen, sind tiefgründig, vereinen Raffinesse und Brüche in einem immer organischen Ganzen. (Leslie Krumwiede)

 

Weitere Nennungen


Igor Bacovich und Iratxe Ansa
Rainer Behr
Roni Chadash
Kinsun Chan
Sidi Larbi Cherkaoui
Katharina Senzenberger
Albert Galindo
Stephan Herwig
Kristina Paulin
Eva Meyer-Keller
Dada Masilo
Fernando Melo
Goyo Montero
Lea Moro
Moritz Ostruschnjak
Christos Papadopoulos
Antje Pfundtner
Omar Rajeh
Olaf Schmidt
Hofesh Shechter
Richard Siegal
Andrew Skeels
Kat Válastur
Sasha Waltz
Lucyna Zwolinska

 

Hier geht es zu den weiteren Umfrageergebnissen:

Tänzer*in der Spielzeit

Kompanie / Ensemble der Spielzeit

Choreografie der Spielzeit

Theater / Tanzhaus / Spielort der Spielzeit

Persönlichkeit hinter der Bühne der Spielzeit

Festival der Spielzeit

Ausbildungsstätte der Spielzeit

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