Auszeichnung für Sasha Waltz
Die Choreografin erhält den Helmut-Schmidt-Zukunftspreis 2025
Helmut-Schmidt-Zukunftspreis 2025 für Sasha Waltz und Olafur Elíasson
Die deutsche Tänzerin, Choreografin und Regisseurin Sasha Waltz und der dänisch-isländische bildende Künstler, Designer und Architekt Olafur Elíasson wurden am 25. Mai im Hamburger Thalia-Theater mit dem Helmut-Schmidt-Zukunftspreis ausgezeichnet. Verliehen wird der mit insgesamt 20.000 Euro dotierte Preis seit 2022 von der Helmut-Schmidt-Stiftung, der Wochenzeitung DIE ZEIT sowie dem NEW INSTITUTE an „eine internationale Persönlichkeit für ihre innovativen Leistungen in den Bereichen Demokratie, Gesellschaft und Technologie“.
Impulse für die Demokratie
Mit Sasha Waltz und Olafur Eliasson geht der Preis jetzt erstmals an zwei Kulturschaffende und erstmals an zwei Personen. Da liegt die Frage nahe: Wie kam’s dazu? Die Antwort gaben Vertreter*innen der Jury, der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda und die ebenso zehn Ensemblemitglieder „Sasha Waltz & Guests“ (darunter auch Sasha Waltz‘ Sohn László), die zur Eröffnung einen Ausschnitt aus „In C“ tanzten.
Man erlebe „eine spannungsreiche Zeit für die Demokratie“ betonte Uwe Heuser (DIE ZEIT). Sie befinde sich in „einer tiefen Krise“, einer „Abwärtsspirale“, und man frage sich, ob es sich um ein „Underperformer- oder ein Loser-System“ handele. Auf der Suche nach neuen Impulsen für die Demokratie gehe es darum, das Gemeinschaftliche wieder zu entdecken, dafür könne die Kunst Vorreiter sein.
Ohne demokratische Kultur gebe es keine Demokratie, betonte auch Anna Katsman (Akademische Direktorin des Hamburger ThinkTanks THE NEW INSTITUTE). Die Werte dafür kämen aus der Kunst – emotional, sinnlich. Denn Rationalität allein reiche nicht. Die Kunst spreche die Gefühlsebene an, ein sinnliches, gemeinsames Wir. Jede Transformation setze voraus, dass Vorstellungskraft geübt werde, das sei kein Luxus, sondern Voraussetzung für eine positive demokratische Zukunft. In diesem Sinne hätten Waltz und Elíasson Beispielhaftes geleistet. Mehr noch: „Kunst und Kultur bilden den Kitt der Gesellschaft, und das auf vielfältige Art und Weise“, ergänzte Meik Woyke (Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung).
Mit Sasha Waltz‘ „In C“ sei ein höchst wandelbares Stück entstanden, das sich überall anpasse und in das vor allem nicht nur Profis, sondern jede und jeder Tanzwillige einbezogen werden könne. Es werde immer im Moment entschieden. Ein demokratisches Projekt im besten Sinne also. Oder, wie es in der Begründung der Jury heißt: „Sasha Waltz webt das Gesellschaftliche auf humane Weise in ihre Kunst ein. Ein Bogen spannt sich von der ‚Allee der Kosmonauten‘, dem Werk über das vielgestaltige Leben in einer Plattenhaussiedlung, über die große Reihe der ‚Dialoge‘ bis hin zu ‚In C‘ in diesem Jahrzehnt. In ihrer Kunst stellt Sasha Waltz den Anfeindungen gegen die Demokratie eine Suche nach Empathie und Mitmenschlichkeit entgegen.“
Kunst als demokratischer Prozess
Die Laudatio auf den/die Preisträger*in hielt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Schon in der ersten Amtszeit von Donald Trump habe sein damaliger Berater Steve Bannon die Devise ausgegeben „Let’s flood the zone with shit“, und genau das geschehe heute. Das Problem liege jedoch vor allem darin, dass zu wenig zugehört werde, wie auch Olafur Elíasson in seinem Statement betonte: „Nichts ist mehr humanisierend als das Zuhören.“ Verständigung fördern, so Brosda, bedeute erst einmal, dass man einander zuhöre und unterstelle, dass auch der andere recht haben könnte. Nur dann könne Demokratie gelingen. Verständigung sei deshalb eine genuin künstlerische Frage, und die Arbeiten der beiden Geehrten seien in diesem Sinne Beispiele für „best practice“. Elíasson lasse auch diejenigen zu Wort kommen, die sonst nicht gehört werden. Vielfalt werde bei ihm ebenso sichtbar wie bei Sasha Waltz. Bei beiden stünden die Menschen im Fokus – Empathie und Mitmenschlichkeit. So werde Kunst selbst zum demokratischen Prozess und öffne „die Räume, in die wir als Gesellschaft hineinwachsen können“.
Da Sasha Waltz selbst krankheitsbedingt nicht zur Preisverleihung ins Hamburger Thalia-Theater kommen konnte, war ihr Mann Jochen Sandig angereist, der im Gespräch mit Uwe Heuser betonte, dass Sasha Waltz‘ Kunst immer von einer wahrgenommenen Realität ausgehe. Am Anfang sei immer der Raum, und der sei variabel. Künstler seien ebenso Raumpioniere wie Sozialforscher und Architekten.
In Sasha Waltz‘ Wirken sei das Motiv des Heilens immer stärker geworden, nicht erst seit der Corona-Zeit, sondern schon seit 2015 mit Beginn der Flüchtlingswelle: „Sasha möchte Werke mit heilender Wirkung schaffen, weil die Gesellschaft vielerorts so kaputt ist. Es ist ihr großer Wunsch, daran mitzuwirken und die Dinge neu zu denken.“ Das Stück „In C“ sei wie Samen, die durch die Luft wirbeln, sich verbreiten und Neues hervorbringen. Ein virales Projekt, das weltweit gezeigt werden könne.
Wie ähnlich Olafur Elíasson arbeitet, wurde dann ganz am Schluss deutlich, als über seine am Bühnenrand aufgestellte Lichtinstallation „Your Pluralistic Coming Together“ die Konturen der noch einmal, nun improvisierend auftretenden Tänzer*innen vielfarbig auf die hintere Leinwand projiziert wurden – ein Objekt zum Staunen, das das Verbindende zwischen den Menschen augenfällig machte.
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